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Der Elsterbrunnen auf dem Marktplatz in Elsterwerda sprudelt auch wieder.

© imago/Werner Otto

Nach Rohrbruch: Elsterwerda hat wieder Wasser – nach drei Tagen

Kein Tropfen Wasser kam in der Stadt seit Mittwoch aus dem Hahn. Nun funktioniert die Versorgung wieder. Doch viele Menschen fühlen sich hier im Süden sowieso abgehängt.

Von Sandra Dassler

„Jetzt haben Sie es im Radio gebracht“, ruft eine Kundin an der Tankstelle am Ortseingang von Elsterwerda dem Mann im Verkaufsraum zu. „Alles wieder in Ordnung. Na Gott sei Dank!“

Die Sprache hier klingt anders, irgendwie breiter als im Rest von Brandenburg. Verwunderlich ist das nicht, liegt Elsterwerda doch ganz im Südwesten des Landes, sozusagen im Dreiländereck zwischen Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Potsdam und Berlin waren schon immer weit weg, aber in diesem Sommer fühlen sich die Menschen an der Schwarzen Elster besonders abgehängt.

Wie überall stöhnen sie unter der Hitze, die mit einer kurzen Unterbrechung seit Mai anhält. Am vergangenen Mittwoch trat dann der Supergau ein: Nach dem Rohrbruch einer Trinkwasserhauptleitung in Elsterwerda waren mehr als 13.000 Haushalte in der Stadt sowie in umliegenden Gemeinden wie Kraupa, Hohenleipisch und Plessa, ohne Wasser. Darunter auch Altenheime, Kindereinrichtungen, Betriebe. Was vielen Medien nur eine kurze Meldung wert war, bedeutete für die Menschen massive Einschränkungen im Alltag: Keine Wasch-, Bade- oder Duschmöglichkeit und das bei 35 Grad Temperatur. Viele Büros schickten ihre Mitarbeiter nach Hause, Gaststätten konnten kein Essen anbieten, im Krankenhaus fanden nur die notwendigsten Operationen statt.

An DDR-Zeiten erinnert

„Es ging ja nicht nur um das Trinkwasser“, sagt ein Einwohner: „Auch die Toilettenspülung funktionierte ja nicht.“ Er sei deshalb mit seiner Frau auf die Datsche im benachbarten Dobra geflohen. Da gibt es zum Glück noch einen eigenen Brunnen und ein altes Plumpsklo. „Irgendwie fühlt man sich schon an die alten DDR-Zeiten erinnert“, sagt der Mann: „Wenn es damals ein paar Wochen heiß war, gab es nur zwei Stunden am Tag Wasser. Wir haben dann immer alle Töpfe und Behältnisse gefüllt. Man durfte auch nicht gießen. Und Sprudel und Bier waren rationiert.“

Wahrscheinlich fühlten sich in der vergangenen Woche viele Menschen in und um Elsterwerda daran erinnert. Denn nachdem feststand, dass das Wasser nicht so schnell wieder fließen würde, kam es zu Hamsterkäufen von Getränken, vor allem von Mineralwasser.

„Aber da muss man jetzt ja auch aufpassen“, sagt der Tankwart und deutet auf die lokale Tageszeitung „Elbe-Elster Rundschau“ vor ihm. „Betrugsverdacht bei Mineralquellen“ steht auf der Titelseite. Ausgerechnet im Vorzeigebetrieb im benachbarten Bad Liebenwerda sollen inzwischen entlassene Mitarbeiter durch Betrügereien mit Pfandflaschen Millionen erbeutet haben. Details, wie so etwas funktionieren kann, hält die Staatsanwaltschaft Cottbus unter Hinweis auf die laufenden Ermittlungen zurück.

Wohl auch, um Nachahmer zu vermeiden, denn der Trick hatte laut "Elbe-Elster-Rundschau" schon vor einigen Jahren in einem anderen Getränkehandel funktioniert. Die Betrüger dürften ihr Einkommen ganz gewaltig aufgebessert haben, denn der Elbe-Elster-Kreis machte in dieser Woche neben Wasserrohrbruch und Millionenbetrug noch ein drittes Mal Schlagzeilen: Er gehört deutschlandweit zu den absoluten Schlusslichtern beim Einkommen. 2215 Euro Brutto ist hier das durchschnittliche Monatsgehalt, noch weniger verdienen nur die Menschen im Erzgebirgskreis, Görlitz und Vorpommern-Rügen. Spitzenreiter der aktuellen Auswertung ist Ingolstadt in Bayern, wo die Menschen mit monatlich 4635 Euro Brutto fast das Doppelte verdienen wie in Elbe-Elster. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 3209 Euro.

„Kein Geld, kein Regen, kein Wasser, dafür aber findige Kriminelle“, sagt der Tankstellenwart und blickt seufzend zum wolkenlosen Himmel: „Da kann man schon mal sein sonniges Gemüt verlieren.“ Eine gute Nachricht gab es am gestrigen Sonnabend aber doch noch, denn die Kundin sollte recht behalten: Um 9.30 Uhr teilte der Wasser- und Abwasserverband mit, dass die Trinkwasserversorgung nun endlich wieder stabil sei.

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