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Die Wahlen im Herbst 2021 in Berlin verliefen chaotisch. Eine Wiederholung wird wahrscheinlich.

© picture alliance/dpa

Update

Landeswahlleitung hält Wiederholung für unnötig: Prüfungsausschuss des Bundestags will Neuwahl in 400 Berliner Wahllokalen

Die Ampel-Koalition einigte sich darauf, dass in etwa 17 Prozent der Berliner Wahllokale der Bundestag neu gewählt werden soll. Grund ist eine Pannenserie.

Die chaotische Bundestagswahl soll in Berlin in rund 400 von 2300 Wahllokalen wiederholt werden. Darauf haben sich nach Tagesspiegel-Informationen die Obleute von SPD, Grünen und FDP im Wahlprüfungsausschuss des Bundestages verständigt. Die Ampel-Koalitionäre wollen, dass die Bundestagsverwaltung eine entsprechende Beschlussempfehlung erarbeitet.

Dies würde bedeuten, dass in etwa 17 Prozent aller Wahllokale in Berlin die Wählerinnen und Wähler erneut über die Zusammensetzung des Bundestages entscheiden müssen. Zuerst hatte der Spiegel darüber berichtet. Der Schwerpunkt derjenigen Wahllokale, die konkret betroffen sind, liegt in den sechs Wahlkreisen Reinickendorf, Mitte, Pankow, Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg.

Mit einfließen in die endgültige Empfehlung sollen auch die Hinweise des Berliner Verfassungsgerichtshofs, der sich mit den Pannen der zeitgleich stattfindenden Abgeordnetenhauswahl beschäftigt. Er will im September darüber befinden.

Berlins amtierende Wahlleiterin Ulrike Rockmann sagte am Freitag, sie halte eine teilweise Wiederholung der Bundestagswahl weiterhin für unnötig. Die zentrale Frage bleibe, ob die Pannen bei der Wahl im vergangenen September Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundestags gehabt hätten, sagte sie am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

"Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass ich nicht die empirische Grundlage für eine Wahlwiederholung sehe." Rockmann hatte diese Position schon Ende Mai bei einer Anhörung des Wahlprüfungsausschusses des Bundestags vertreten.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wollte die politische Einigung der SPD-geführten Ampel-Koalition nicht kommentieren.

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Der offizielle Beschluss steht noch aus. Der Bundestag muss über den nun zu erwartenden Beschluss des Wahlprüfungsausschusses noch entscheiden. Dafür ist nur eine einfache Mehrheit notwendig. Die Entscheidung könnte dann vor dem Bundesverfassungsgericht noch angefochten werden, etwa vom Bundeswahlleiter.

Gravierende Pannen bei der Wahl im September in Berlin

Der Grund für die Empfehlung des Prüfungsausschusses des Bundestages sind gravierende Wahlfehler. Bei der Wahl am 26. September gab es zahlreiche Pannen. Unter anderem fehlten zum Teil Wahlzettel oder waren vertauscht worden, vor vielen Wahllokalen kam es zu langen Schlangen, einige Wahllokale waren auch nach 18 Uhr noch geöffnet.

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Nach diesen Pannen hatte Bundeswahlleiter Georg Thiel im Mai beantragt, die Bundestagswahlen in sechs von zwölf Berliner Bundestagswahlkreisen komplett zu wiederholen. Damit wären noch wesentlich mehr Wahllokale betroffen gewesen.

"Die Verharmlosung der skandalösen Wahlfehler in Berlin scheint die Ampel aufzugeben", kommentierte der Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann, Sprecher der Landesgruppe der Berliner CDU-Parlamentarier, den Schritt der Koalition. Doch die Einigung geht ihm nicht weit genug. "Auf Landesebene muss deshalb die Wahl komplett wiederholt werden", forderte Heilmann. Auch auf Bundesebene sehe die Union eher Wiederholungsbedarf in ganzen Wahlkreisen, nicht nur in einzelnen Stimmbezirken.

CDU-Generalsekretär: Senat hat keine Vorbereitungen für Wahlwiederholung getroffen

Kritik kommt auch von Berlins CDU-Generalsekretär Stefan Evers. "Berlin muss sich in großem Umfang auf Wiederholungswahlen einstellen. Den Senat und vor allem die SPD scheint es nicht zu stören." Evers kritisiert, dass es bislang keine politische Konsequenzen gegeben habe, noch nicht einmal eine Entschuldigung bei den Berlinern. Auch sei der verantwortliche SPD-Senator Andreas Geisel bis heute im Amt. "Und das Schlimmste: Bis heute hat der Senat trotz aller Warnungen noch keine Vorbereitungen für eine Wiederholung der Berliner Wahlen getroffen", so Evers.

Falls Berlin eine Neuwahl organisieren muss, fehlt bisher eine neue Landeswahlleiterin. Petra Michaelis war nach der Wahl zurückgetreten, ihre Stellvertreterin Rockmann führt das Amt seither kommissarisch. Am 1. Juli ist auch noch der langjährige Geschäftsführer Geert Baasen in Rente gegangen. Die Stelle ist bislang nicht nachbesetzt.

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