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Jetzt aber runter da! Ireen Ranke will nicht akzeptieren, dass ihre jüngste Tochter Elena nicht mehr auf der Wiese vor ihrer Wohnung krabbeln darf.

© Rainer W. During

Nachbarschaftsstreit: Wem gehört die Wiese in Lichtenrade?

Wüstes Schimpfen, eine Klage und ein Eiwurf: Mit harten Mitteln wird in Lichtenrade um das Benutzen einer Grünfläche gestritten. Worum geht's eigentlich?

So groß der Streit, so klein die Wiese. Sie liegt in der Hendonstraße im Lichtenrader John-Locke-Kiez, zwischen zwei weiß-rosa gestrichenen, viergeschossigen Mietshäusern. An einem Ende liegt ein Mini-Spielplatz mit einem kleinen Klettergerüst im Buddelkasten. Ein Schaukeltier steht gleich daneben. Am anderen Ende ein von Hecken umsäumter Platz mit einer Klopfstange. Ein paar Kaninchen hoppeln über das Grün, sie können das Verbotsschild nicht lesen.

Lange Zeit stand an der Wiese nur ein Schild, das Ballspiele und Hunde auf der Grünfläche verbietet. Doch dann hing dort plötzlich eine neue Tafel, mit der Kinderspiele auf dem Rasen untersagt wurden. Anwohner Wolfgang Otto glaubte an einen schlechten Scherz und entfernte den Hinweis. Dabei wurde er offenbar beobachtet, und prompt erhielt er vom Vermieter, der Deutschen Annington (DAIG), die Aufforderung, das Schild wieder anzubringen. Inzwischen wurde es nach massiven Mieterprotesten zumindest gegen eine Tafel ausgetauscht, auf der es nur noch generell heißt: „Betreten verboten.“ Vom Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg sei man rechtskräftig dazu verurteilt worden, auf der Grünanlage ein deutlich sichtbares Schild mit dieser Aufschrift aufzustellen, sagt DAIG-Sprecherin Jana Gantenberg. „Dem Urteil haben wir Folge zu leisten.“

Geklagt hatte bereits 2011 ein Ehepaar, das zuvor aus einem Nachbarhaus ins Parterre neben der Wiese gezogen war. Nebenan wohnt dessen Tochter mit ihrer Familie. Eine Richterin sah es als erwiesen an, dass bei der Anmietung der Wohnung ein Verbotsschild vorhanden war, das später entfernt wurde, wodurch „es zu nicht bestrittenen Beeinträchtigungen durch die Nutzung der Rasenfläche direkt vor dem Balkon der Wohnung der Kläger gekommen ist“.

Ireen Ranke ist selbst in der Siedlung groß geworden und lebt hier jetzt mit ihrer eigenen Familie. Kinder und Eltern, die dennoch einen Schritt auf den Rasen wagen, würden von den Klägern wüst beschimpft, sagt sie. „Ich selbst habe meinen Balkon direkt am Spielplatz“, sagt ihre Mutter Gisela Eitner. Dennoch fühlt sie sich nicht gestört. „Schließlich hatte man doch selbst einmal Kinder.“ Eine ehemalige Nachbarin sagt, es sei schon immer toleriert worden, dass Kinder dort spielen. Zahlreiche Mieter beschwerten sich bei der DAIG, doch die sieht sich aufgrund des Urteils außerstande, das Verbot wieder aufzuheben.

Man habe nur darauf bestanden, dass der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt wurde, sagt die Tochter der Kläger, die ihren Namen nicht gedruckt sehen möchte. Viele Kinder seien „sehr frech“ gewesen, hätten direkt vor den Balkons gelegen und Gespräche belauscht. Für sie ist die Wiese eigentlich ein „Distanzstreifen“ zwischen den Häusern, in der Siedlung gebe es genug andere Spielflächen. Inzwischen ist der Streit eskaliert und hat sogar schon die Polizei beschäftigt. Es gibt gegenseitige Beleidigungsvorwürfe, ein Junge soll ein Ei gegen die Wohnung der Kläger geworfen haben. Diverse Anwohner wollen sich mit dem Wiesenverbot nicht abfinden. Jetzt will man das Gespräch mit der Richterin suchen, die das Urteil gefällt hat.

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