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Berlin: Nachteil im Kampf gegen Extremisten

Weitere Staatsanwaltsstelle abgebaut, obwohl die Zahl der Delikte steigt

Von Frank Jansen

Der Senat gibt sich gegenüber Extremisten kämpferisch, doch bei Experten in Polizei und Justiz wachsen die Sorgen. Anlass ist der Stellenabbau in der mit politischen Delikten befassten Abteilung der Staatsanwaltschaft. Sie scheint dem enormen Anfall einschlägiger Straftaten kaum noch gewachsen zu sein. Im vergangenen Jahr nahm die Zahl der politischen Straftaten in Berlin um 86 Delikte auf 2243 zu – der zuvor schon stark belasteten Abteilung 11 der Staatsanwaltschaft wurde aber eine Stelle genommen. Jetzt sind es unter der Leitung von Oberstaatsanwalt Jürgen Heinke nur noch sechs Dezernenten, die sich mit Politkriminellen auseinander setzen. „Das werden wir spüren“, warnt ein Fachmann der Polizei.

Dabei geht der Arbeitsaufwand noch über die 2243 Delikte hinaus. Mehr als 3000 Fälle hätten der Abteilung 11 vorgelegen, heißt es in Kreisen der Strafverfolger. Es gebe auch noch ältere Verfahren, zudem müssten nicht-politische Taten bearbeitet werden – wenn zum Beispiel ein Neonazi nicht nur geprügelt hat, sondern zudem als Dieb straffällig wurde.

Verfolgt man die Entwicklung seit Mitte der 90er Jahre, hat sich die Schere zwischen den politischen Straftaten und der Zahl zuständiger Staatsanwälte immer weiter geöffnet. 1994 unterstanden dem Leiter der Abteilung 11 noch acht Staatsanwälte. Jetzt sind es zwei weniger – doch die Abteilung muss etwa ein Drittel mehr Vorgänge bearbeiten als 1994.

Fachleute in Polizei und Justiz fragen sich, wie die Abteilung 11 noch mit „Großlagen“ fertig werden kann, beispielsweise den zu erwartenden Krawallen am 1. Mai und dem für den 8. Mai angekündigten Aufmarsch tausender Neonazis. Der für die Stellenbesetzung zuständige Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge habe bei außergewöhnlichen Ereignissen Verstärkung in Aussicht gestellt, sagt Andrea Boehnke, Sprecherin von Justizsenatorin Karin Schubert (SPD). Auch sonst halte Karge die Abteilung für arbeitsfähig. Die Staatsanwälte jedoch, so Sicherheitsexperten, sähen sich gezwungen, ihren Bereitschaftsdienst in Nächten und am Wochenende auf das Notwendigste zu reduzieren. Das bedeutet: Viele kleinere Delikte können kaum noch verfolgt werden. In der CDU regt sich Kritik: „An allem können wir sparen in Berlin“, sagt der Rechtsexperte der Union, Andreas Gram, „aber nicht an der Sicherheit.“

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