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In Fahrt. Bei der Innotrans zeigte Hersteller Stadler neue S-Bahn-Modelle.

© imago/Eibner

Nahverkehr: Berlin will eigene S-Bahn-Züge kaufen

Die Bahn könnte im Berliner Nahverkehr zum ersten Mal ernsthafte Konkurrenz bekommen. Denn das Land will nun selbst einen S-Bahn-Fuhrpark aufbauen.

Der Fahrplan für den Kauf neuer S-Bahn-Wagen zeichnet sich ab: Nach monatelangen Kontroversen um die „Markterkundung für Beschaffung und Betrieb“ hat sich die rot-rot-grüne Koalition nach Auskunft der Verkehrsverwaltung auf drei wesentliche Punkte verständigt.

Vereinbart wurde demnach, dass die Ausschreibung als „Kombinationsverfahren“ erfolgen soll. Das heißt, dass sowohl ein Gesamtangebot für die Beschaffung, Instandhaltung und den Betrieb der Fahrzeuge abgegeben werden kann als auch die Lose „Beschaffung und Instandhaltung“ sowie „Betrieb“ getrennt vergeben werden können. Zweiter Punkt ist der Aufbau eines landeseigenen Fahrzeugpools, dritter die Abstimmung mit Brandenburg in einem Lenkungskreis. Als nächster Schritt soll die Vergabe im EU-Amtsblatt vorab bekannt gemacht werden.

Dieses Vergabeverfahren bedeutet, dass die Bahn zum ersten Mal ernsthafte Konkurrenz bekommen könnte. Denn kaum ein anderes Unternehmen kann die milliardenschwere Investition stemmen, die die Anschaffung Hunderter neuer S-Bahn-Wagen bedeutet. Die kann nun das Land kaufen, das dafür bereits Rücklagen gebildet hat. Mitfinanzieren müssen Berlin und Brandenburg den Fuhrpark ohnehin. Bisher sind die Kosten in den „Bestellerentgelten“ eingepreist, die die Länder der S-Bahn als Auftraggeber für deren Leistung überweisen. Wenn das Land einem Bahnunternehmen künftig seinen eigenen Fuhrpark überlässt, fallen die Zuschüsse geringer aus.

"Eine sichere, zuverlässige und komfortable S-Bahn bieten"

Außerdem kann nun einfacher ein Bahnunternehmen den Zuschlag erhalten, das den Fahrbetrieb managt, ohne auch die Werkstätten vorhalten zu müssen. „Es können sich viele Unternehmen beteiligen, da Berlin sich entschlossen hat, einen landeseigenen Fahrzeugpool aufzubauen“, teilte Verkehrssenatorin Regine Günther (für Grüne) am Dienstag mit. „Das Ziel der anstehenden Ausschreibung ist es, den Menschen eine sichere, zuverlässige und komfortable S-Bahn zu bieten.“

Das kann als Kritik an der Bahn verstanden werden, die die Probleme ihrer Berliner Konzerntochter nicht in den Griff bekommt – worüber auch Günther sich schon mehrfach verärgert geäußert hat. Auch ist in der Branche die Rede davon, dass die Bahn bisher Monopolpreise verlange. Künftig gilt dagegen: Konkurrenz belebt das Geschäft.

Die Ausschreibungen betreffen zum einen die Nord-Süd-Linien und zum anderen die auf der Stadtbahntrasse fahrenden Ost-West-Linien der S-Bahn. Es geht um mindestens 600 Doppelwagen und 30 Jahre Laufzeit. Bereits vergeben wurde der Auftrag für den Betrieb des Rings und der südöstlichen Zulaufstrecken (Königs Wusterhausen / Schöneweide) – damals noch als Gesamtpaket, bei dem die Konkurrenz der Bahn keine Chance hatte.

Bestellt hat die S-Bahn beim Herstellerkonsortium Siemens-Stadler 106 Züge – 85 vierteilige und 21 zweiteilige, jeweils durchgehend begehbar. Insgesamt also 382 Wagen für fast eine Milliarde Euro. Im April 2019 sollen die ersten Züge testweise rollen. Zum Jahresbeginn 2021 ist der Linienbetrieb geplant; bis Juli 2023 sollen alle Züge ausgeliefert sein. Auf den Südostlinien fahren bisher überwiegend die Modelle aus den 1980er-Jahren, die mit einem dreistelligen Millionenbetrag für den Weiterbetrieb saniert wurden und werden.

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