zum Hauptinhalt
Die S-Bahn fährt - aber kann sie all die Fahrgäste aufnehmen?

© dpa

Update

BVG-Streik am Freitag: Keine U-Bahnen, wenige Busse, dafür mehr S-Bahnen

Am Freitag wollen die BVG-Beschäftigten in den Ausstand gehen, es droht ein Verkehrschaos. Alles Wichtige zum Streik im Berliner Nahverkehr

Berlin droht am Freitag der Stillstand. Denn die BVG wird von Betriebsbeginn bis 12 Uhr bestreikt - und damit sind Straßenbahnen, U-Bahnen und BVG-Busse betroffen. Und bei der S-Bahn dürfte es richtig voll werden.

Bei der S-Bahn selbst hieß es zunächst, dass der Takt nicht verstärkt werde, sondern man nach "Regelfahrplan" fahre. Am Mittag kam dann aber die Entscheidung, dass die S-Bahn doch mehr Züge einsetzen werde. Die S-Bahn werde in der Zeit von ca. 5.30 Uhr bis ca. 14.00 Uhr auf den Linien S1 und S5 insgesamt ca. 50 zusätzliche Zugfahrten anbieten. Fahrgäste können auch auf die DB-Regionalzüge ausweichen. Voll werde es aber trotzdem.

"Wir rechnen damit, dass viele BVG-Fahrgäste in die S-Bahn umsteigen wollen. Wir rechnen mit Auswirkungen bis in die Nachmittagsstunden", heißt es bei der S-Bahn. Die S-Bahn selbst ist auch vom BVG-Streik betroffen: Die Fahrerinnen und Fahrer, auch die Beschäftigten bei Technik und Organisation müssen selbst erst einmal pünktlich zum Arbeitsplatz kommen. "Wir werden unsere Fahrerinnen und Fahrer sensibilisieren und darauf hinweisen, sich andere Wege zu suchen", sagte ein S-Bahnsprecher. Das ist nicht immer einfach. Aber: "Dieser Streik kommt nicht aus heiterem Himmel."

In vielen Kiezen werden viele aufs Auto umsteigen und Fahrgemeinschaften in die Stadt bilden. Auf den Straßen wird es also nicht leerer, nur weil die Busse fehlen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Ganze Ortsteile in Berlin sind damit vom Nahverkehr abgeschnitten. Das gilt für Großsiedlungen wie Gropiusstadt in Berlin-Neukölln, aber auch für dörfliche Ortsteile am Stadtrand wie in Berlin-Spandau - von Kladow etwa sind es 11 Kilometer bis zum nächsten S-Bahnhof in Spandau. Doch es gibt einen Ausweg für diesen konkreten Fall. „Die Schiffe fahren im BVG-Auftrag, gehören zur ‚Weißen Flotte‘ oder ‚Kreis&Stern‘“. Damit haben die Anwohner im Spandauer Süden zwar keinen Anschluss nach Spandau, aber immerhin an die S-Bahn auf der anderen Seite des Wannsee.

Am Stadtrand sollen einige Buslinien fahren

Sogar ganz wenige BVG-Buslinien könnten im Einsatz sein. „Wir versuchen, dass zumindest einige Kiezlinien in Betrieb bleiben“, sagte eine BVG-Sprecherin. Am Stadtrand fahren Sub-Unternehmer im Auftrag der BVG. Dadurch sollen 21 Buslinien fahren können, sieben weitere mit leichten Einschränkungen (die Übersicht über die einzelnen Linien finden Sie hier). Wer näher dran wohnt, fährt mit dem Rad zum S-Bahnhof. Die Temperaturen spielen mit: Am Freitag werden zwölf Grad und Sonne erwartet.

Doch die Lage bleibt schwierig, so oder so. „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die U-Bahn fährt“, heißt es in der BVG-Zentrale. Selbst wenn zehn Leute zum Dienst kämen, könne man am Freitag keine ganze U-Bahnlinie in Betrieb nehmen. Die meisten Straßenbahn-Betriebsbahnhöfe werden abgeriegelt sein von Streikenden, ähnlich wie die BVG-Busbahnhöfe.

Busfahrer oder Straßenbahnfahrer aus anderen Städten zu holen – beispielsweise aus dem benachbarten Potsdam - , sei nicht möglich. Die müssten erst eine Linienprüfung ablegen und ihre Kenntnis der Strecke nachweisen - "das ist streng geregelt". Außerdem seien die Fahrzeuge auf den Kiezlinien meistens nicht so groß wie Doppeldecker oder die langen Gelenkbusse.

Gewerkschaft will Arbeitszeit kürzen, aber Lohn beibehalten

Verdi hatte zu dem Streik aufgerufen, nachdem am Montag die zweieinhalbstündigen Gesprächen mit den Arbeitgebern ohne Ergebnis geblieben waren. Die Gewerkschaft fordert für die Beschäftigten der BVG und des Tochterunternehmens Berlin Transport unter anderem eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 36,5 Stunden bei vollem Lohnausgleich.

Zudem fordert Verdi, dass die unteren Lohngruppen komplett gestrichen werden, damit Beschäftigte nicht unter den Mindestlohn rutschen, falls dieser angehoben wird. Daneben setzt sich Verdi für eine zusätzliche Einmalzahlung in Höhe von 500 Euro für Gewerkschaftsmitglieder sowie die Zahlung von Weihnachtsgeld bereits im ersten Berufsjahr ein.

Der kommunale Arbeitgeberverband nannte die Forderungen inakzeptabel und hält sie für nicht umsetzbar – vor allem nicht die Senkung der Wochenarbeitszeit. Aktuell belaufen sich die Personalkosten der BVG laut Verdi auf 570 Millionen Euro pro Jahr. 60 Millionen Euro kämen hinzu, sollte das Paket der Gewerkschaft umgesetzt werden. Die Kosten wären dabei aber nicht das größte Problem. Denn schon jetzt leidet die BVG unter Personalmangel und kann die Fahrer nur schwer halten – bei der S-Bahn etwa wird deutlich besser bezahlt. Für das Verdi-Paket – vor allem für die Arbeitszeitverkürzung – wären nach Angaben der Arbeitgeberseite 500 Arbeitnehmer zusätzlich nötig, neben den in diesem Jahr ohnehin gebrauchten 1350 Mitarbeitern.

Die Verhandlungen zwischen Verdi und den Arbeitgebern über einen Manteltarifvertrag sollen am 5. März 2019 fortgesetzt werden. Die BVG bringt wenig Verständnis für den Streik auf. „Wir bedauern es sehr, dass Verdi schon nach der ersten Verhandlungsrunde zu diesem massiven Mittel greift. Vor allem bedauern wir, dass die Tarifverhandlungen damit nun auf dem Rücken unserer Fahrgäste ausgetragen werden“, erklärte das Unternehmen. Auch der Fahrgastverband Igeb kritisierte Verdi. Acht Stunden Warnstreik im Nahverkehr seien einfach zu viel. Nötig seien gesetzliche Vorgaben, um in solchen Fällen Notfahrpläne zu garantieren – etwa für Fahrten zu Flughäfen, den wichtigsten S-Bahnhöfen und Krankenhäusern.

Lesen Sie mehr zum Streik

- Berlin droht durch BVG-Streik am Freitag ein Verkehrsinfarkt: Die Gewerkschaft Verdi ruft die 14.500 Mitarbeiter der BVG zum Streik auf. Bis zum Mittag ist mit massiven Behinderungen im öffentlichen Nahverkehr zu rechnen. Hier lesen Sie die Erstmeldung zum Streik und die große Leserdebatte.

- Verdi droht mit Warnstreiks bei Bus und Bahn: Verdi will für die BVG-Beschäftigten bessere Arbeitsbedingungen erreichen. Warnstreiks werden nicht ausgeschlossen. Worum geht es? Die Hintergründe von Sigrid Kneist.

- Brandbrief zum Berliner Nahverkehr BVG-Vorstand verspricht mehr Werkstatt-Personal: In einem offenen Brief beklagte der Personalrat der U-Bahn massive Probleme. Hier der Text aus dem Sommer.

Zwölf Newsletter, zwölf Bezirke: Unsere Leute-Newsletter aus allen Berliner Bezirken können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false