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Im Zug der Zeit. Bei der Umgestaltung des Bahnhofs Charlottenburg will die Deutsche Bahn ein neues Konzept umsetzen.

© Cay Dobberke

Nahverkehr in Berlin: Charlottenburg wird "Zukunfts-Bahnhof"

Der S- und Regionalbahnhof Charlottenburg wird zur Vorzeige-Station umgebaut – mit mehr Fahrradparkplätzen, begrünten Wartehäuschen und Schließfächern für Versandwaren.

Noch wirkt der S- und Regionalbahnhof Charlottenburg am Stuttgarter Platz ziemlich schmucklos – in der Eingangshalle zum Beispiel lädt nichts zum Verweilen ein, es gibt dort nur einen Backshop und wenige Läden. Nun aber soll aus der Station ein Modell-Bahnhof der Zukunft werden, entsprechend den Ideen der Bahn für eine „Smart-City“. Die Umgestaltung ist noch in diesem Jahr geplant.

Dazu gehören mehr Fahrradstellplätze, loungeartige Komfortzonen im Bahnhofsfoyer und ein neues Licht- und Farbkonzept. Auf den Bahnsteigen sollen verglaste und begrünte Wartehäuschen entstehen, die etwas an Gewächshäuser erinnern. Neben dem Haupteingang sind Schließfächer geplant. Fahrgäste können sich Warensendungen von Versandhäusern dorthin liefern lassen. Alle Kurierdienste werden diesen Zustellweg nutzen dürfen – anders als bei den Packstationen der Deutschen Post. Einen weiteren Vorteil sieht die Deutsche Bahn im leicht erreichbaren Standort direkt am Arbeitsweg vieler Menschen.

Die Eingangshalle soll gemütlicher werden – mit Sitzgelegenheiten und einer schöneren Beleuchtung.
Die Eingangshalle soll gemütlicher werden – mit Sitzgelegenheiten und einer schöneren Beleuchtung.

© Cay Dobberke

Anwohner dürfen mitreden

„Wir wollen die Lebensqualität in den Städten steigern“, sagte ein Manager der Konzernabteilung „Nachhaltigkeitsmanagement und Zukunftsforschung“, der die Pläne im Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf vorstellte. Außer dem Bahnhofskonzept gehört zu dieser Strategie unter anderem auch „innerstädtische Logistik“. Für die „Feinverteilung“ von Waren mit einem Gewicht von bis zu 150 Kilogramm könne die Bahn künftig spezielle Fahrräder mit elektrischem Hilfsmotor („Cargo Bikes“) anbieten, hieß es.

Auch über mögliche Aufwertungen des Stuttgarter Platzes haben sich die Deutsche Bahn und ein beauftragtes Architektenbüro Gedanken gemacht. Zu den Ideen, deren Realisierung noch völlig offen ist, gehört eine Kita auf Teilen der Grünanlage. Die Bürgerinitiative Stuttgarter Platz und andere Anwohner will man an den Überlegungen beteiligen – und dafür wahrscheinlich auch ein „Online-Tool“ ins Internet stellen.

Das verriegelte und beschmierte Wartehäuschen auf einem Regionalbahnsteig könnte einem verglasten und begrünten Neubau weichen.
Das verriegelte und beschmierte Wartehäuschen auf einem Regionalbahnsteig könnte einem verglasten und begrünten Neubau weichen.

© Cay Dobberke

Wie viele Fahrradparkplätze passen auf den Bahnhofsvorplatz?

Visualisierungen der Pläne bekamen bisher nur die Charlottenburger Ausschussmitglieder zu sehen. Eine Veröffentlichung der Simulationen im Tagesspiegel lehnte die Deutsche Bahn am Freitag ab. Die Bilder zeigten ein „sehr frühes Stadium“ der Überlegungen, hieß es zur Begründung. Erst wenn die noch fehlende Kostenschätzung vorliege, werde feststehen, was umgesetzt werden kann.

Die Bezirkpolitiker sehen noch Mängel im Konzept. Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) glaubt, dass auf dem Bahnhofsvorplatz „eine hohe Zahl von Fahrradparkplätzen kaum machbar“ sei. Der Bezirk selbst strebt ein Fahrradparkhaus an einer anderen Ecke des Platzes nahe der Kantstraße an.

Dort soll auch ein Drogenkonsumraum entstehen, schließlich ist der Stuttgarter Platz ein Brennpunkt des Rauschgifthandels- und -konsums. Bisher betreut der Drogenhilfeverein „Fixpunkt“ die Süchtigen mit Streetworkern und Kleinbussen. „Es gibt diverse Probleme im Umfeld des Bahnhofs“, sagte Schruoffeneger. Aber das Bezirksamt habe „derzeit keine Mittel, um den Platz umzugestalten“.

Politiker fordern überdachten Weg zum U-Bahnhof

Andere Ausschussmitglieder vermissten eine Überdachung zwischen den Eingängen des S-Bahnhofs und des U-Bahnhofs Wilmersdorfer Straße. Um das Umsteigen zu erleichtern, waren zwei S-Bahnsteige bereits in den Jahren 2003 bis 2006 näher an den U-Bahnhof heran verlagert worden. Trotzdem können Fahrgäste auf dem Weg dazwischen bei Regen noch nass werden.

Der Bahnhof Charlottenburg war 1882 als westlicher Endpunkt der Stadtbahn eröffnet worden. Das alte Empfangsgebäude wurde im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört und durch ein Provisorium ersetzt. Im Jahre 1971entstand der heutige Klinkerbau nach Plänen des Architekten Günter Hönow. Hier fahren die S-Bahnlinien S3, S5, S7 und S9 sowie Regionalzüge. Auch fünf Buslinien tragen dazu bei, dass der „Stutti“ ein Verkehrsknotenpunkt ist.

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