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Nalepastraße

© ddp

Nalepastraße: Fällt verseuchtes Areal zurück an Berlin?

"Teurer Schildbürgerstreich": Der öffentlichen Hand drohen nach dem Verkauf des früheren DDR-Rundfunkgeländes an der Nalepastraße offenbar Millionenverluste. Die Stadt könnte auf einem hochgradig verseuchten Teil des 2005 an einen Privatinvestor verkauften Areals sitzen bleiben.

Vor eineinhalb Jahren hatte die Firma Bau und Praktik des Jessener Bauunternehmers Frank Thiele das 13 Hektar große Areal für 350.000 Euro erworben. Die öffentliche Hand war froh, das verlustbringende Objekt abgeben zu können - nicht zuletzt, da auf einem Teil des Geländes der Boden aufwendig saniert werden muss. Bau und Praktik wollte auf dem denkmalgeschützten Gelände angeblich einen Medienstandort entwickeln. Doch daraus wurde nichts. Stattdessen teilte die Firma das Areal in drei Abschnitte und verkaufte sie einzeln. Damit begann ein verwirrendes Hin und Her, an dessen Ende die Berliner Steuerzahler die Dummen sein könnten.

Ein vier Hektar großes Teilstück erwarb ein Investor für 3,4 Millionen Euro von Bau und Praktik. Ein weiteres Grundstück kaufte der Sohn des Bau und Praktik-Chefs Thiele. Die dritte Immobilie sollte laut Kaufvertrag vom 25. Juli 2006 an eine Gesellschaft gehen, die von ehemaligen Kollegen Thieles dominiert ist: Die Riverside Grundstücksentwicklungs AG. Bezahlen sollte das Unternehmen an Bau und Praktik dafür nichts. Es verpflichtete sich aber, die anstehende Bodensanierung zu übernehmen.

Doch dieser Deal wurde offenbar nie umgesetzt. Das Grundstück ist bis heute weder saniert noch in das Eigentum der Riverside AG übergegangen. Erstaunlicherweise kassiert Riverside nach Angaben von Insidern trotzdem von verschiedenen Mietern monatlich Mieten in Höhe von insgesamt rund 10.000 Euro. Riverside-Geschäftsführer Sascha Pohlan wollte sich dazu nicht äußern.

Bau und Praktik eine Phantomfirma?

Für die öffentliche Hand beginnen hier die Probleme. Anfang des Jahres wollte die Berliner Senatsumweltverwaltung eine Grundwasserkontrolle auf dem verseuchten Grundstück an der Nalepastraße durchführen lassen. Mit einer entsprechenden Aufforderung, die Kontrolle durchführen zu lassen, musste sich die Behörde an den Eigentümer wenden. Das ist - trotz des Kaufvertrags und obwohl die Riverside AG die Mieten kassiert - noch immer Bau und Praktik. Die Firma ignorierte die Aufforderung der Behörde.

Das ist wenig verwunderlich. Bau und Praktik, die in der Vergangenheit Schwierigkeiten hatte, selbst kleine Rechnungen zu bezahlen, scheint eine Phantomfirma zu sein. Immer wieder wurde diese Firma weiter verkauft, zuletzt an die Logo Handels- und Immobilien GmbH aus Berlin. Beide Firmen sind zwar bis heute im Handelsregister eingetragen. Doch selbst intensive Versuche der ddp, Kontakt mit Bau und Praktik und LOGO aufzunehmen, schlugen fehl. Keine der angegebenen Telefonnummern ist noch aktiv. Briefe konnten von der Post nicht zugestellt werden, da die Empfänger nicht zu vermitteln sind.

Das schlägt jetzt auf das Land Berlin zurück. Die Senatsverwaltung musste zunächst 12.000 Euro für die ausstehenden Wasserproben vorschießen. Ob die Behörde ihr Geld jemals wieder sieht, ist fraglich. Ein Senatssprecher sagte auf ddp-Anfrage, bei Nichtrückzahlung der Summe sei eine Eintragung in die Grundschuld des Grundstücks möglich.

Bodensanierungskosten mit bis zu drei Millionen Euro veranschlagt

Doch die 12.000 Euro könnten nur die Spitze des Eisbergs sein. Sollte Bau und Praktik insolvent werden, könnte das Teilgrundstück auf das Land Berlin als Gläubiger zurückfallen - mitsamt der notwendigen Bodensanierung. "Die Kosten dafür werden mit bis zu drei Millionen Euro beziffert", sagt Lisa Paus, Wirtschaftsexpertin der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. "Der Verkauf der Nalepastraße wird zunehmend zu einem Schildbürgerstreich. Statt Geld zu sparen, rollen Millionenkosten auf die öffentliche Hand zu."

Schon einmal hat Berlin im Zusammenhang mit Bau und Praktik tief in die eigene Tasche greifen müssen. Nach dem ursprünglichen Verkauf des Geländes an der Nalepastraße wurden aus noch immer ungeklärten Gründen Betriebskosten in Höhe von rund 500.000 Euro von den Verkäufern, dem Land Berlin und den neuen Bundesländern, bezahlt. Im April 2007 wurde Bau und Praktik zwar dazu verurteilt, diese Schulden zurückzuzahlen. Doch das Unternehmen hat Berufung eingelegt.

Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt seit vergangenem Jahr im Zusammenhang mit dem Verkauf des Areals in der Nalepastraße. Die Vorwürfe lauten Betrug und Untreue zum Nachteil Berlins und der neuen Bundesländer.

Mathew D. Rose[ddp]

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