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Berlin: Napoleon kommt

Mit 200 Mann zieht er durchs Brandenburger Tor Am 28. Oktober wird die Besetzung nachgespielt

Sie stehen fast schon vor Berlin. Napoleon und 200 französische Soldaten gehen – glaubwürdigen Berichten zufolge – am Sonnabend in zwei Wochen auf der Straße des 17. Juni in Stellung. Sie werden um 15 Uhr in geschlossener Formation, teils zu Pferde, durchs Brandenburger Tor ziehen und Berlin besetzen. Napoleon lässt sich den Schlüssel der Stadt aushändigen, er wird düster auf die Quadriga weisen, die er als Trophäe im Auge hat. Die Bevölkerung ist aufgerufen, die Truppen gebührend zu empfangen.

Geschichtskundigen mag die Situation bekannt vorkommen. So etwas hat es schon vor 200 Jahren gegeben, wie anschauliche Berichte und Bilder aus der „Franzosenzeit“ belegen. Am 27. Oktober 1806 hielt Napoleon feierlichen Einzug in die Hauptstadt des besiegten Preußen. Zuvor hatte er die Schlachten von Jena und Auerstedt siegreich hinter sich gebracht, was gerade erst eindrucksvoll nachgespielt wurde.

Auch Napoleons Berlin-Visite wird nun nachgespielt. Und Überbringer dieser Botschaft – übrigens in der einstigen französischen Botschaft Unter den Linden 40 – war gestern Wieland Giebel vom Verein „Historiale“. Er veranstaltet mit „Zeitreisen“ diese neue Art der Geschichtsvermittlung. Die kurze Darstellung der französischen Besetzung soll das erste Projekt für das Geschichtsfestival „Historiale Berlin“ sein, das ab 2007 jährlich jeweils im Sommer geplant ist. Weil es den auf eigene Kosten anreisenden Laiendarstellern aus ganz Deutschland und anderen Ländern (natürlich auch aus Frankreich) besser am Wochenende passt und dann auch mehr Besucher erwartet werden, kommt Napoleon mit seiner kostümierten Truppe diesmal erst am 28. Oktober. Der Korse wird übrigens von dem 37-jährigen Amerikaner Mark Schneider dargestellt, einem Historiker. Er ist derart in sein Vorbild verknallt, dass er nicht nur dessen Sprache (er kann Korsisch) und Körperhaltung genial nachahmt, sondern auch zu seiner eigenen Unterschrift den Namen Napoleon in Klammern setzt. Mark Schneider (Napoleon) kommandierte gerade auch seine Truppen in Jena/Auerstedt. In Berlin wird er mit seinen Soldaten nach dem Einzug noch bis zum Zeughaus marschieren. Dann zieht er sich mit den Truppen in das Zeltlager zurück, das am Poststadion aufgeschlagen wird. Größere Verkehrsbehinderungen sind nicht zu erwarten, die Polizei wird die Besatzungstruppen wie eine normale Demo eskortieren.

Eine Stunde dauert die offizielle Besetzung, nicht zwei Jahre, die Quadriga bleibt auch unangetastet. Die Truppen waren einst gehalten, den Berlinern bescheiden und rücksichtsvoll zu begegnen. Das fiel wohl schwer. „Auf Schritt und Tritt ist man versucht, sie zu schlagen, denn diese Großschnauzen genieren sich nicht, uns fortgesetzt anzustarren“, bemerkte ein französischer Generalarzt. Mit der Besetzung verarmte die Stadt. Sie hatte damals 180 000 Einwohner.

Die szenische Darstellung am Tor ist nur ein Teil des Programms „Napoleon in Berlin“, an dem sich unter anderem die Stiftung Stadtmuseum Berlin, das Deutsche Historische Museum und die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten beteiligen. Die Auftaktveranstaltung – freier Eintritt – gibt es am 27. Oktober um 19 Uhr in der Nikolaikirche. Teilnehmer ist unter anderem Parlamentspräsident Walter Momper.C. v. L.

Das Napoleon-Programm im Netz:

www.historiale-berlin.de

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