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Berlin: Naziseite ist jetzt auf dem Index

Polizei kann Betreiber angeblich nicht ermitteln

Einen „Strick um den Hals oder Kugel in den Bauch“ drohen Rechtsextreme auf einer Internetseite ihren Gegnern an und rufen mit Hitlerzitaten zu einer „Ausländer Raus“-Kampagne auf. Während die Polizei es bislang nicht geschafft hat, die wichtigste Webseite der Berliner Neonaziszene zu schließen, reagierte jetzt die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Vergangene Woche wurde die Internetpräsenz des „Nationalen Widerstands Berlin“ (NW-Berlin) offiziell indiziert. Bei großen Suchmaschinen taucht die Homepage nicht mehr auf. Wer die Webadresse kennt, kann sie jedoch weiterhin erreichen. Der Server steht in den USA. „Auf der Seite wird eindeutig zum Rassenhass angereizt und die Ideologie des Nationalsozialismus verherrlicht“, begründete eine Sprecherin der Bundesprüfstelle die Indizierung.

Zuletzt wurde am 1. Mai ein Artikel über einen nächtlichen Fackelmarsch von rund 300 vermummten Rechten im sächsischen Bautzen eingestellt. Der inzwischen wieder gelöschte Text endet mit den Sätzen: „Die Zeit wird kommen, wo wir zum Angriff übergehen. Dann heißt es nicht Gesinnungshaft, dann heißt es Strick um den Hals oder Kugel in den Bauch!“ Bei der Polizei heißt es, dass der Betreiber nicht ermittelt werden könne. Dabei ist es in der Szene ein offenes Geheimnis, wer für die Onlineplattform verantwortlich ist. Sebastian Schmidtke, der im Landesvorstand der NPD sitzt und jahrelang führender Kopf der Nazigruppe „Märkischer Heimatschutz“ war, sprach in einem Interview offen von „unserer Seite“. Auf mehreren auf der Homepage veröffentlichten Flugblättern wird er als Verantwortlicher im Sinne des Pressegesetzes genannt. Wählte man die zeitweise auf der Seite genannte Telefonnummer, nahm Schmidtke den Hörer ab. Ein bekannter Nazifunktionär aus Niedersachsen schreibt im Internet, dass er in Berlin herzlich von „Sebastian Schmidtke vom NW-Berlin“ begrüßt worden sei.

„Es ist schon verwunderlich, warum keine weiteren Ermittlungen erfolgen“, sagt Rechtsanwalt Daniel Wölky. Er vertritt zwei Journalisten, deren Namen und Porträtfotos auf der Seite veröffentlicht wurden und die seither von Neonazis bedroht werden. Sie haben Anzeige wegen Urheberrechtsverletzung, Beleidigung und Verleumdung erstattet. „Alle Strafanzeigen wurden bisher zurückgewiesen, obwohl es starke Indizien dafür gibt, dass Sebastian Schmidtke der inhaltlich Verantwortliche ist“, sagt Wölky. In vergleichbaren Fällen hätten solche Hinweise für weiterführende Ermittlungen ausgereicht. Johannes Radke

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