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Neben der O2-World: Ein weiterer Einkaufstempel für Berlin

Anschutz will an der O2-World ein 65 000 Quadratmeter großes Shoppingzentrum errichten. Doch verträgt Berlin einen weiteren großen Einkaufstempel im Zentrum?

Die Entwicklung des Anschutz-Areals nimmt an Fahrt auf. Wie berichtet soll ein gewaltiges Einzelhandelszentrum neben der O2-Arena entstehen, auf einer Fläche von 65.000 Quadratmetern. Das „Spree Shopping Berlin“ soll 120 Läden auf drei Geschossen Platz bieten. Durch einen direkten Zugang zur Warschauer Brücke ist es gut erreichbar für Fahrgäste von S- und U-Bahnen, die sich an diesem Verkehrsknotenpunkt treffen. Aber verträgt die Stadt einen weiteren großen Einkaufstempel im Zentrum?

Am Mittwoch stellt Anschutz das Großprojekt in der Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg vor. Bisher kennen die Verordneten die Pläne nur aus Zeitungsberichten. Dasselbe gilt für die Experten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Stoppen können sie das Projekt aber ohnehin nicht. Die Anschutz-Gruppe hat einen Anspruch auf eine Einzelhandelsfläche von 27.000 Quadratmetern auf seinem Areal. Das sieht der städtebauliche Vertrag für das Quartier vor. Weitere 3000 Quadratmeter Ladenfläche sind auf dem angrenzenden BSR-Grundstück für diesen Zweck reserviert.

Diese Fakten wurden bereits vor Jahren geschaffen. „Die Rechtslage ist eindeutig“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen. Den Vertrag habe der Senat in einer Zeit unterzeichnet, als der Alexanderplatz noch nicht die „Strahlkraft“ hatte, die er heute besitzt, nach der Fertigstellung der Shopping-Center Alexa und Neue Mitte. „Sehr ambitioniert“ nennt Busch-Petersen das Anschutz-Projekt aber. Denn der Alexanderplatz ist ebenso wie das Ring-Center an der Frankfurter Allee die Konkurrenz, der sich ein Einzelhandelszentrum dieser Größenordnung stellen müsse.

Und gemessen an der geringen Kaufkraft in Berlin ist das Angebot an Einzelhandelsflächen in der Stadt ohnehin groß. Deshalb halten die Experten der Industrie- und Handelskammer weitere neue Einkaufszentren vor allem dann für verträglich, wenn sie in Gebieten mit einem bereits bestehenden großen Angebot an Kaufhäusern wie der Schlossstraße entstehen. Ganz neue Standorte wie das Anschutz-Areal könnten dagegen Kaufkraft von anderen etablierten Einkaufsmeilen absaugen.

Deshalb hatte der Bezirk Pankow bisher das Projekt von Krieger am Rangierbahnhof des Stadtteils ausgebremst. Der Bezirk stellt sich schützend vor die Einzelhändler im Stadtteilzentrum Alt-Pankow, die um ihre Umsätze fürchten beim Bau eines neuen Shoppingcenters. Eine ähnliche Auseinandersetzung gibt es um die – weit kleiner dimensionierten – Einkaufsflächen, die mit dem Zehlendorfer Wohnungsbauprojekt Truman Plaza entstehen sollen. Dieses Bauprojekt wurde allerdings trotz Widerständen genehmigt.

„Das Gebiet des Ostbahnhofs ist ein eigenes Stadtteilzentrum, in dem eigene Handelsflächen städtebaulich zulässig sind“, sagte Daniela Augenstein, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Es bleibe aber zu prüfen, ob bei einer Bruttogeschossfläche von 65.000 Quadratmetern die zulässige Einzelhandelsfläche von 27.000 Quadratmetern überschritten ist. Dafür sei aber nicht der Senat zuständig, sondern der Bezirk.

Relativ gelassen sieht der Manager des Ring-Centers an der Frankfurter Allee, Marius Lorbach, die Pläne des neuen Wettbewerbers: „In Berlin ist die Konkurrenz im Einzelhandel seit jeher groß.“ Die drei Blöcke des Ring-Centers bieten eine Verkaufsfläche von 45.000 Quadratmetern. Sie versorgen die Bewohner von Friedrichshain und Lichtenberg. Der geplante Neubau von Anschutz liegt etwa fünf Kilometer entfernt, ebenso weit wie der Alexanderplatz mit dem größten Kaufhof Deutschlands, mit Alexa und der Neuen Mitte. Notfalls werde man neu über Sortiment und Marketing des Ring-Centers nachdenken, meint Lorbach.

Nach Auffassung des Leiters des IHK-Arbeitskreises Bauleitplanung, dem Einzelhandelsexperten Christoph Meyer, entsteht eine problematische Wettbewerbssituation zwischen innerstädtischen Einzelhandelszentren, wenn Kaufkraft in einer Größenordnung von mehr als zehn Prozent von einem Standort zum anderen abfließt. Auch Meyer glaubt, dass das Zentrum auf dem Anschutz-Areal konkurrieren werde mit den Einkaufstempeln am Alexanderplatz und an der Frankfurter Allee. Bei der geplanten Bruttogeschossfläche von 65.000 Quadratmetern rechnet er mit einer Einzelhandelsfläche von grob geschätzt 35.000 Quadratmetern. Dies wäre mehr als die im städtebaulichen Vertrag vorgesehene Fläche.

Verwundert zeigen sich einzelne Beobachter über den Partner, den Anschutz ins Boot holte. Die Firma CKV habe zwar reichlich Projekte entwickelt, ein großflächiges Einzelhandelszentrum sei aber nicht unter den Referenzen der Firma.

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