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Berlin: Nerven behalten

Friedbert Pflüger gilt als unpopulär – aber die CDU will sich nicht irritieren lassen

Weiter wie bisher – das hat sich CDU- Spitzenkandidat Friedbert Pflüger vorgenommen. Vor dem Parteitag am Sonnabend widerspricht ihm keiner in der CDU laut, nicht mal leise Kritik am Kandidaten ist zu vernehmen. Das ist erstaunlich in Anbetracht von Umfragen, die die Partei bei 24 Prozent sehen und dem Spitzenkandidaten persönlich zweierlei attestieren: Dass er es immerhin fertig gebracht hat, in kurzer Zeit bekannter zu werden als mancher Senator. Und dass er so unbeliebt ist wie der Inbegriff der Unpopularität, Schulsenator Böger.

Pflüger nimmt das alles äußerlich kühl. Ihm sei von Anfang an klar gewesen, dass sich der Wahlkampf-Spannungsbogen nicht durch die Zeit der Weltmeisterschaft und über die Sommerferien halten lassen werde, sagt er: „Die WM ist ein Vorteil für den Amtsinhaber.“ Seine Berater und die Strategen in der Berliner CDU lassen sich ähnlich wenig Unruhe anmerken. Wer sonnabends unter dem CDU-Sonnenschirm ein wenig Vorwahlkampf mache, den fragten Passanten, ob Wahlen seien, sagt ein Kreisvorsitzender.

Von einem Wechsel in der Strategie will keiner etwas wissen. Dass die CDU erst jetzt, mitten in der Weltmeisterschaft, ihr Wahlprogramm beschließt, habe doch gute Gründe, sagt etwa Michael Braun, Kreischef der Südwest- CDU: Nie zuvor habe die Partei so intensiv über ihr Programm diskutiert, habe es in Regionalkonferenzen vorgestellt und danach verändert. Wer über die CDU sage, sie habe keine Inhalte, werde sich wundern.

Das Programm soll am Sonnabend diskutiert und beschlossen werden – wobei kaum jemand damit rechnet, dass über Programmfragen gestritten wird und damit Personen gemeint werden. Der Parteitag ist als Performance gedacht – mit der Wissenschaftsministerin Annette Schavan, die über Bildung referieren soll, mit dem Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach, der über die Sicherheit spricht, mit dem nordrhein-westfälischen Arbeitsminister Karl-Josef Laumann als Experten für den Arbeitsmarkt. Arbeit, Bildung, Sicherheit sollen die CDU-Themen in Wahlkampf werden. Am Wochenende solle die erste Phase des Wahlkampfs enden, sagt Generalsekretär Frank Henkel – die Phase, in der es vor allem darum ging, Pflüger in der Stadt bekannt und mit Berlin vertraut zu machen. Richtig los gehe es aber erst nach den Sommerferien.

Wer sich dieser Tage zum Wahlkampf äußert, weist auf die knappe Zeit hin, die Pflüger hatte, um in Berlin anzukommen. 235 Tage insgesamt – und nur in den vier oder fünf Wochen vor dem Wahlsonntag könne er mit der Aufmerksamkeit des Publikums rechnen. Man sei voll im Plan, sagt ein Stratege. Große Fehler des Kandidaten sieht keiner – auch keiner von denen, die über Pflügers Nominierung nicht glücklich gewesen sein sollen.

Über solche Bewertungen kann man streiten – was auffällt an der Berliner CDU, ist ihre ungewohnte Selbstdisziplin. Derzeit will keiner auch nur eine erste politische Rechnung aufmachen. Man hütet seine Zunge und pflegt die erste aller politischen Tugenden, die Geschlossenheit. Das gilt vor allem für Personalien. Bloß keine Debatten darüber, ob Pflüger dem Landesvorsitzenden Ingo Schmitt den Job hätte streitig machen sollen oder jetzt machen sollte, um das Argument zu entkräften, der parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium sein nur auf der Durchreise. Pflüger sagt dazu nur eins: „Ich glaube, dass die Menschen, mit denen ich zusammenkomme, schnell merken, dass ich es ernst meine.“

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