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Berlin: Nett zueinander

Berliner FDP will keine Klientelpolitik mehr machen und ermutigt auch ihren Chef Westerwelle dazu

So erbaulich kann ein Parteitag sein: Der Landeschef bekommt, was er will – die neue Satzung. Der Bundeschef bekommt, was er braucht: viel freundlichen Beifall und Lob, Zuspruch, Anregung. Der Fraktionschef bekommt, was er will: in aller Öffentlichkeit das Ohr des Bundesvorsitzenden in ProgrammAngelegenheiten und eine große Parteitagsmehrheit für seine ordnungspolitischen Thesen: Vorrang von Markt und Eigenverantwortung, keine Rücksicht auf Lobbygruppen. Günter Rexrodt, der FDP-Landesvorsitzende, und Martin Lindner, der FDP-Fraktionsvorsitzende, hatten am Sonnabend keinen Grund, grollend über die Parteifreunde zu sprechen – wie noch im Frühjahr, als ein Parteitag im Streit über die Satzung zornig auseinander gegangen war. Dieser Streit ist vertagt: Die FDP hat jetzt eine Satzung, mit der sie leben kann. Im Januar sollen zwei offene Fragen zum Thema auf einem weiteren Parteitag geklärt werden.

Wichtiger war vielen jetzt die Linie der Partei. Hart hatte Lindner vor zwei Monaten Westerwelles Hang zur Klientelpolitik kritisiert – oder seinen Hang zum Nachgeben, wenn Wählergruppen der FDP Druck machen. Kein Marktliberaler versteht, warum die FDP sich gegen den Internethandel mit Medikamenten sperrt – kein Wunder, dass Lindners Antrag auf eine klare ordnungspolitische Ausrichtung der FDP fast einstimmig beschlossen wurde. Jetzt ist das Motto der Berliner FDP, das sie auf der Vorstandsklausur an diesem Sonntag diskutiert wissen will: keine Klientelpolitik mehr, für Beamte nicht, für Apotheker nicht, für Zahnärzte nicht. Solche Entschlossenheit hinterlässt gute Gefühle. Andererseits trug wohl kaum einer dem Bundesvorsitzenden dessen Ausweichen vor dem Klientel-Politik-Vorwurf nach. Am späten Freitagabend hatte Westerwelle dem lieben Martin Lindner gewünscht, er möge auch bald Regierungsverantwortung übernehmen dürfen. Gemeint hatte Westerwelle, dass Lindner dann weniger ordnungspolitische Reinheit und mehr schmuddeligen Machtpragmatismus fordern würde, was ihm als Bundesvorsitzenden das Leben leichter machen würde. Lindner will erst in die Parteigeschichte eingehen. Rexrodt hat es mit seiner Satzung schon geschafft. Freundlich lächelnd schien er der Landespolitik fast zu entschweben. wvb.

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