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Neubau der Zentral- und Landesbibliothek: Hauptsache billig – geplant

Nach dem Wettbewerb zum Bau der Zentral- und Landesbibliothek in Berlin-Tempelhof sind noch zwei Entwürfe übrig. 270 Millionen Euro soll der Bau kosten. So günstig ist die Bibliothek gar nicht zu haben, sagen Experten. Wird das Bauvorhaben Berlins nächste Geldgrube?

BER, die Staatsoper Unter den Linden – wird jetzt auch der Neubau für die Zentral- und Landesbibliothek zur Geldgrube? 270 Millionen Euro soll der Bau kosten, sagt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Doch seit gestern ist klar: Bereits der Entwurf eines der beiden Sieger im Architekturwettbewerb für den Neubau sprengt den Rahmen. Und Experten sagen: Dieser Architekt sei „wenigstens ehrlich“ gewesen – die tatsächlichen Kosten der ZLB würden bei der Eröffnung des Büchertempels 2022 weit jenseits des heute genannten „politisch vermittelbaren Preises“ liegen.

Alles nur Schwarzmalerei? Eher nicht, wie ein Blick auf das zurzeit größte Bauprojekt in Berlin zeigt: das Schloss. Als der Bundestag im Jahr 2007 der „Entscheidungsvorlage“ für das Vorhaben zustimmte, betrugen die dafür vorgesehenen Baukosten 552 Millionen Euro. Als das Parlament vier Jahre später die Unterlagen zum Entwurf des Schlosses bekam, waren die Kosten schon auf 590 Millionen Euro angestiegen. Und bei der Eröffnung des Schlosses im Jahr 2019 wird dem Steuerzahler eine Rechnung vorgelegt werden, die weit über 600 Millionen Euro liegen dürfte.

„Es ist völlig klar, dass die Kosten der ZLB weit über 300 Millionen Euro liegen werden“

Der Chef der Schlossstiftung Manfred Rettig war ehrlich genug, immer schon darauf hinzuweisen, dass es so kommen werde. Die geplanten Kosten des Schlosses müssten an die „Entwicklung des Baupreisindexes“ angepasst werden. Soll heißen: Alles wird teurer, die Löhne der Bauarbeiter, Beton und Stahl, Fenster und Türen – Inflation eben. Schon deshalb legt sich Franziska Eichstädt-Bohlig fest: „Es ist völlig klar, dass die Kosten der ZLB weit über 300 Millionen Euro liegen werden.“ Die Grünen-Politikerin war elf Jahre im Bundestag für Bauen zuständig, saß sechs Jahre im Haushaltsausschuss und sagt: „Vom Reichstags-Umbau abgesehen ist mir kein größeres Projekt in Erinnerung, bei dem die Kosten eingehalten wurden.“ Mit einer „politischen Strategie“ erklärt sie die „fast schon gesetzmäßig“ zu niedrig angesetzten Preise.

Ähnlich äußern sich auch Teilnehmer am ZLB-Wettbewerb, die nicht genannt werden wollen. „Das Budget ist knapp“, sagt einer, und erst während der nun bevorstehenden zweieinhalbjährigen Planungszeit werde sich ein realistischeres Bild der Kosten ergeben. Mit „politisch festgelegten Preisen“ würden den Wählern Projekte verkauft. Dies sei Teil „eines Gesellschaftsspiels“, das immer damit ende, dass die Kosten explodieren und die Planer daran schuld sind.

Noch nicht alle Hoffnungen verloren hat Architektenkammer-Präsidentin Christine Edmaier. Sie lobt den Senat dafür, dass nur Teams von Architekten und Ingenieuren am ZLB-Wettbewerb teilnehmen durften. So würden die Kosten der aufwendigen Bibliothekstechnik von Anfang an berücksichtigt. „Wenn jetzt auch noch billig gebaut wird und nicht ständig die Anforderungen verändert werden, dann ist nicht auszuschließen, dass die Kosten eingehalten werden.“

Darauf wachen will im Senat auch die CDU, für die ohnehin nicht einmal eine „Entscheidung in der Sache“ gefallen ist. Das Projekt stehe „unter dem Vorbehalt des nächsten Doppelhaushaltes“, sagt Stadtplanungsexperte Stefan Evers. Auch dem laufenden Volksbegehren gegen die Baupläne in Tempelhof dürfe man nicht vorgreifen.

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