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Berlin: Neubeginn in Berlin: Eine Frage des Gewissens. Einige SPD-ler haben Skrupel, Diepgen mit PDS-Hilfe abzuwählen

Zwei Tage vor dem Misstrauensantrag gegen den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen strahlte SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit am Donnerstag im Abgeordnetenhaus bereits Siegesgewissheit aus. Am Sonnabend will er sich mit den Stimmen von SPD, Grünen und PDS zum Chef einer rot-grünen Landesregierung wählen lassen.

Zwei Tage vor dem Misstrauensantrag gegen den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen strahlte SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit am Donnerstag im Abgeordnetenhaus bereits Siegesgewissheit aus. Am Sonnabend will er sich mit den Stimmen von SPD, Grünen und PDS zum Chef einer rot-grünen Landesregierung wählen lassen. Für Fraktionssprecher Hans-Peter Stadtmüller ist klar: "Die Mehrheit ist gesichert".

Zum Thema Online Spezial: Machtwechsel in Berlin Anfang vom Ende: Die Finanzkrise in Berlin TED: Soll der Regierende Bürgermeister direkt gewählt werden? Auf mindestens drei Stimmen wird die SPD bei der Diepgen-Abwahl wohl nicht rechnen können. In der Fraktionssitzung am Dienstag hatten sich einige Abgeordnete zu "Schwierigkeiten" bekannt, einen rot-grünen Senat mit PDS-Unterstützung ins Amt zu heben. Die Abgeordneten Gabriele Kind, Anneliese Neef und Ernst Ollech, so heißt es in Fraktionskreisen, wollen nach ihrem Gewissen entscheiden, ob sie Diepgen gemeinsam mit der PDS abwählen und Wowereit zum Regierenden Bürgermeister machen.

"Ich sehe es als Tabubruch an, gemeinsam mit der PDS Entscheidungen für die Stadt zu treffen", erklärte die SPD-Abgeordnete Anneliese Neef. Die Kulturwissenschaftlerin der Humboldt-Universität, die 1995 über die Bezirksliste Köpenick ins Abgeordnetenhaus kam, spricht von einer "Gewissensentscheidung": "Die PDS ist immer noch eine Partei, die die Wiedervereinigung nicht möchte, die Verlierermentalität und DDR-Nostalgie bedient." Nach wie vor sei die SED-Nachfolgepartei nicht bereit, sich mit ihrer Stasi-Vergangenheit auseinanderzusetzen. Anneliese Neef behält sich deshalb vor, das Misstrauensvotum gegen Diepgen nicht zu unterstützen, ebenso wie ihre Abgeordneten-Kollegin Gabriele Kind. Die Sozialberaterin aus Lichtenberg will zwar über ihr Abstimmungsverhalten nichts sagen, erklärt aber ebenfalls, dass die PDS ihr die Entscheidung schwer mache. "Ich treffe eine Gewissensentscheidung für viele Bürger, die mich gewählt haben und mir vertrauen."

In der SPD-Fraktion wird dem Vernehmen nach damit gerechnet, dass die beiden SPD-Frauen Diepgen nicht abwählen werden, nach einer erfolgreichen Abwahl wohl aber für Wowereit als Nachfolger im Amt des Regierenden Bürgermeisters stimmen werden. Der SPD-Abgeordnete Ernst Ollech ließ sich am Donnerstag nicht sprechen. Würden nur diese drei Abgeordneten nicht gegen Diepgen abstimmen, blieben SPD, PDS und Grüne immer noch 90 der erforderlichen 85 Stimmen zu dessen Abwahl. Doch Anneliese Neef ist sicher: Nicht alle SPD-Abgeordneten werden das Misstrauensvotum ohne Bauchschmerzen unterstützen: "Es gibt noch mehr, die so denken wie wir, aber sich aus verschiedenen Gründen anders verhalten."

Bislang ist noch unklar, wie sich Dietmar Volk entscheidet. Der sportpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion war am Dienstag aus der Partei ausgetreten, am Donnerstag aus der Fraktion. "Als Abgeordneter habe ich eine Gewissensentscheidung zu treffen", erklärte Volk, sagte aber nicht, ob er den Misstrauensantrag gegen Diepgen unterstützen werde. Bei der Wahl Wowereits zum Regierenden Bürgermeister will Volk sich enthalten. Der Mitbegründer der ostdeutschen Bürgerbewegungen "Demokratie Jetzt" und "Bündnis 90" begründete seinen Parteiaustritt damit, dass er die Zusammenarbeit mit der PDS nicht unterstützen will. Auch der SPD, die "mitverantwortlich für die Krise" sei, könne er nicht sein Vertrauen aussprechen.

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