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Volker Wegener hat ein Squash-Center in Friedrichshain als Besitzer übernommen.

© Mike Wolff

Neue Begeisterung für die Sportart Squash: Ein Comeback mit Schlagkraft

Wer spielt eigentlich noch Squash? Lange lautete die Antwort: kaum jemand. Doch das ändert sich gerade. Das rasante Spiel begeistert viele neue Fans.

Das Licht geht aus. Zwei verschwitzte Gestalten geben sich kurz die Hand und verlassen den Raum. Das Licht geht nach ein paar Sekunden wieder an und schon betreten zwei neue Personen die Box. So geht das auf allen fünf Courts, über die das Friedrichshainer Squash-Center „Squash 2000“ verfügt. Alle 45 Minuten wechseln die Spieler. In den Abendstunden herrscht hier Hochbetrieb.

Squash, dieser Achtzigerjahre-Sport, der in den Nullerjahren in Deutschland ziemlich abgemeldet war, ist wieder da. Zumindest in Berlin.

Volker Wegener ist der neue Betreiber des „Squash 2000“, in dem man auch Fitness treiben und Tischtennis spielen kann. Eine Sauna gibt es ebenfalls. Alles ist noch neu für ihn, er muss sich erst in seinen neuen Job einarbeiten, er hat das Squash-Center erst im Februar übernommen. Der vorherige Besitzer hat sich in die Rente verabschiedet.

Die Kunstledersessel und der Teppichboden im Foyer passen ganz gut zu der Tatsache, dass es sich bei Squash um einen Retro-Sport handelt, der gerade wieder hip wird in Berlin. Technisch sei aber alles in seiner Anlage auf dem neuesten Stand, sagt Wegener und verweist auf sein elektronisches Buchungssystem und freies W-Lan im ganzen Haus. „Und wir haben als einzige Squash-Anlage in Berlin eine Touchscreen-Spielstandsanzeige, zumindest auf einem Court“, fügt er hinzu.

In den Achtzigern und Neunzigern war der Sport eine richtig große Sache

Squash wurde Mitte des 19. Jahrhunderts in England erfunden, kam aber erst in den Siebzigern des 20. Jahrhunderts so richtig in Deutschland an. In den Achtzigern und Neunzigern war der Sport dann eine richtig große Sache hierzulande. Den Ball gegen die Wand schlagen, das konnte schnell jeder, auch wenn es für Fortgeschrittene technisch und taktisch danach noch viel zu lernen gab. Squash-Center überzogen bald die Republik, auch jede deutsche Kleinstadt wollte eines haben.

Nach der Wende entdeckte man auch in den neuen Bundesländern den Sport. Reinhard Dittmann, der vorherige Betreiber des „Squash 2000“, sagt: „Squash gab es in der DDR ja gar nicht.“ Sein Job in den Neunzigern war es, für den Weltmarktführer im Bau von Squash-Courts, die in Bayern ansässige Firma ASB, den Bedarf an Squash-Anlagen in den Neuen Bundesländern zu sondieren.

Ende der Neunziger konnte man in ganz Deutschland dann auf mehr als 6000 Courts Squash spielen. Danach jedoch ging es abwärts mit dem Sport. Medial war dieser so gut wie gar nicht präsent, olympisch ist er bis heute nicht und zunehmend hieß es auch, er sei nicht gerade optimal für die Gelenke. Und in Berlin, glaubt Dittmann, kam noch dazu, dass die „Leute sowieso lieber Party als Sport machten“.

Viele Squash-Center verschwanden ganz oder verwandelten sich weitgehend in Fitness-Center, um einigermaßen überleben zu können. Auch „Squash 2000“, das 1992 gebaut wurde, war 2008 insolvent. Erst sollte Dittmann das Center im Auftrag des Insolvenzverwalters weiterführen. Dann übernahm er es. Squash, das ahnte er wohl schon damals, wird so schnell nicht komplett verschwinden.

Ein idealer Sport für das Berliner Leben

Die aktuelle Beliebtheit von Squash hänge zusammen mit dem Wandel Berlins in den vergangenen Jahren, glaubt der neue Betreiber Volker Wegener. Einen Court buchen und sich mal schnell 45 Minuten lang auspowern, ohne dafür extra in einen Sportverein eintreten zu müssen, das passe ideal zu diesem „typischen, flexiblen Leben in Berlin“. Auffällig viele junge Leute würden bei ihm spielen, darunter viele Studenten, und es werde „oft Englisch gesprochen“. Dazu kommt, dass viele der Expats bereits eine Begeisterung für Squash aus ihren Heimatländern mitbringen, in denen der Sport weit populärer ist als hierzulande. In Indien oder Ägypten etwa, aber auch in England oder Frankreich.

Daniel Mau vom „Squash House“ in Lichtenberg kann das, was Wegener sagt, bestätigen. Seine Anlage verfügt sogar über neun Courts, abends und an den Wochenenden seien diese gut ausgelastet. „Man merkt, da ist ein Boom da“, sagt er.

Auch Horst Babinsky, der Geschäftsführer der Squash-Court-Firma ASB, für die Rainer Dittmann einst tätig war, merkt, dass es aufwärtsgeht mit dem Sport. „Seit ein paar Jahren haben wir wieder Umsatzsteigerungen“, sagt er. Freilich nicht nur in Berlin, sondern in ganz Deutschland, zumindest in den Städten. Vor allem mit Renovierungsarbeiten werde seine Firma beauftragt, es gebe aber auch wieder vermehrt Nachfrage nach neuen Courts.

Deutscher Topspieler hilft beim Aufschwung

Er führt noch einen weiteren Grund für das neu erwachte Interesse an seinem Sport an, nämlich den deutschen Top-Spieler Simon Rösner, aktuell einer der fünf besten Squash-Spieler der Welt. In Frankreich habe es vor einer Weile gleich mehrere herausragende Squash-Spieler gegeben, „seitdem boomt der Sport dort wie verrückt“. So, wie Boris Becker und Steffi Graf einst Tennis in Deutschland groß machten, erhofft er sich von Rösner einen ähnlichen Effekt für seinen Sport.

Ganz so euphorisch und optimistisch klingt Alexander Korsch, Präsident des Berlin-Brandenburger Squash-Verbands, nicht. Anstatt von einem Boom spricht er lieber von „Stagnation“. Was freilich immer noch besser klingt, als von einem anhaltenden Abwärtstrend reden zu müssen, so wie es noch vor ein paar Jahren der Fall war.

Auch er sieht, dass die Berliner Squash-Center wieder voll sind. Doch er weist darauf hin, dass im Vergleich zu den Neunzigern von diesen ja auch nur noch ungefähr die Hälfte übrig geblieben sind. Vor allem Häuser, die über sehr viele Courts verfügten, seien in den Nullerjahren verschwunden, das letzte erst vor drei Jahren in Moabit. Derzeit gibt es nur noch sieben Squash-Center in Berlin. Die profitierten nun von dem wiedererwachten Interesse an dem Sport bei einer gleichzeitig stadtweit geringen Konkurrenz.

Für Korsch, den Verbandspräsidenten, kann das nur eine mäßig befriedigende Situation sein. Während Volker Wegener sich sicher sein kann, seit Februar den richtigen Job zu haben.

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