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Mauerfall via Knopf, Historie als Spielzeug: Die Drückfigur von Iondesign gewann das Publikumsvoting.

© Promo

Neue Berlin-Souvenirs: Umdenken beim Andenken

Der Mauerfall auf Knopfdruck, der Stadtgrundriss als Kette: Mit einem Wettbewerb hat Berlin ganz neue Souvenirs gesucht - und innovative Konzepte gefunden. Die prämierten Ideen sollen nun schon bald in Serie gehen.

Plexiverglaste Mauerstücke, der Berliner Bär als plüschig-penetranter Schlüsselanhänger, Frühstücksbretter, mit dem Stadtplan bedruckt, und an jeder Ecke der Ampelmann – die hauptstädtische Souvenirproduktion war bisher wenig ansehnlich, sie erschöpfte sich vielerorts in billigem Tand. Damit das anders wird, rief Berlin Partner im Frühjahr 2013 den Design- Souvenir-Wettbewerb aus. Jetzt sind die Gewinner ermittelt. Und Touristen, die alsbald nach Berlin reisen, können auf schickere Mitbringsel hoffen.

Auf den ersten Platz hievte die Jury um den Modedesigner Michael Michalsky den Entwurf von Gaspare Buzzatti und Lisa Filipini, ein Medaillon namens „Berlins Pulsader“. Der Anhänger zeigt einen abstrahierten Grundriss der Metropole, im Zentrum die Spree, ein bisschen trivial, aber eben auch elegant, das dauerkaputte Berlin, hier Schmuck geworden. Es passt, dass der siegende Beitrag ein internationaler ist, Buzatti hat in Italien Modedesign studiert. Kollegin Filipini erklärt: „Der Stadtplan spiegelt die Seele Berlins wieder, sein Beziehungsgeflecht, und definiert die Kulturdynamik der Stadt. Die Kette ist eine Kartografie dieser Emotionen und unser er Zugehörigkeit zu Berlin.“

Mit 5000 Euro wird der Sieg dotiert, 3000 Euro sicherten sich Karen Olze und Jule Witte für den zweiten Rang. Die „pieces of wall“ der Designerinnen verbauen Mauerreste zur Zimmerdekoration, Ausschnitte der East Side Gallery werden zu Stahlblechwandhaken für die eigene Wohnung. „Vieles, was man bei einem Berlinbesuch erlebt, lässt sich nicht in Produkte gießen – die Mauer schon“, sagt Olze, die auch Street-Art-Fan ist. Sie und Witte hoffen nun darauf, ihre Idee in Serie zu geben. „Wir werden uns umsehen und sind gespannt, was sich an Synergien ergibt.“

Denn die Einreichungen sollen, das war das erklärte Ziel der Ausschreibung, auch produziert werden. Eine gute Chance auf Marktreife hat auch Mauerfall 2.0, von der Jury auf den dritten Rang gewählt – und Sieger des Onlinevotings. Das Kreativkollektiv Iondesign reichte eine Drückfigur der Mauer ein, auf Fingerklick zerfällt der Wall wie weiland am 9. November 1989. Immer wieder lässt sich die historische Zäsur an dem handtellergroßen Modell abspielen.

Dabei befeuert der Mauerfall im Kleinen nicht nur nostalgische Wiedervereinigungsséancen, sondern knüpft auch an die aktuellen Proteste an. „Als wir zusammenkamen, diskutierte Berlin gerade um die Neubaumaßnahmen an der East Side Gallery“, sagt Christoph Fleckenstein, Geschäftsführer bei Iondesign. Mit seinen fünf Kollegen bündelte er die sich um die Mauer rankenden Emotionen in der kleinen Figur – die schon 2014 in die Läden kommen könnte. Man sei mit verschiedenen Herstellern in Kontakt getreten, pünktlich zur 25. Jährung des Mauerfalls soll das Souvenir im Regal stehen. Es wäre ein Erfolg, dem harter Konkurrenzkampf vorausging. Aus mehr als 670 Bewerbungen suchte die Jury 20 Ideen aus, die Berlin überraschend, touristisch attraktiv und modern widerspiegeln.

So schafften es zum Beispiel auch eine Drehorgel im Taschenformat, Techno abspielend, ein Jutewendebeutel, ein abzustempelnder Stadtplan und der Fernsehturm als Pflanzenstecker in die finale Auslese. „Berlin ist eine inspirierende Stadt und präsentiert jetzt kreative Souvenirs, die sich vom austauschbaren Kitsch abheben“, sagt Burkhard Kieker, Geschäftsführer von visit Berlin. Melanie Bähr, Jurymitglied und Chefin bei Berlin Partner, sagte: „Wir sind überzeugt, dass innovative Souvenirs das Potenzial für einen breiten Absatz bei Berlin-Besuchern haben.“

Bis zum 26. Oktober sind die 20 Finalisten noch im Stilwerk, Kantstraße 17, in Charlottenburg zu sehen. In der luftigen Höhe der fünften Etage können sich alle Besucher davon überzeugen, dass Souvenirs nicht gleich Ramsch sein müssen, billig produziert und zu teuer verkauft. Sondern: individuell, lustig, mit Botschaft, sogar subversiv. Wohl den Touristen, die ihren Berlinbesuch für 2014 planen.

Moritz Herrmann

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