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Plüschtiere und Kerzen erinnern an den ermordeten Elias in der Nähe seines früheren Wohnortes in Potsdam.

© Ralf Hirschberger/dpa

Neue Details vor Prozess gegen mutmaßlichen Kindermörder: Silvio S. soll Mohamed mehrmals gewürgt haben

Kurz bevor der Prozess gegen Silvio S. beginnt, gibt das Landgericht neue Einzelheiten bekannt. Demnach hat der mutmaßliche Mörder mehrmals versucht, Mohamed zu strangulieren.

Für den Prozess gegen Silvio S., den mutmaßlichen Mörder des damals sechsjährigen Elias S. aus Potsdam und des vier Jahre alten Mohamed J., sind zunächst zwölf Verhandlungstage angesetzt. Das geht aus der aktuellen Terminrolle hervor, die das Landgericht monatlich veröffentlicht, um Journalisten über Gerichtsverhandlungen zu informieren. Beginn ist am 12. Juni. Zugleich hat das Gericht darin neue Details aus der Anklageschrift gegen den 1983 geborenen Silvio S. publik gemacht, der die Kinder aus sexuellen Motiven ermordet haben soll.

Demnach wirft die Staatsanwalt dem 1983 geborenen S. laut Gericht zur Last, Elias am 8. Juli 2015 in seinen Pkw gelockt und gegen seinen Willen mit ihm weggefahren zu sein – „in der Absicht, ihn sexuell zu missbrauchen“. Zu diesem Zweck soll er ihm ein Schlafmittel verabreicht und ihm eine Gesichtsmaske und einen Knebel angelegt haben. Als das Kind dennoch zu weinen und zu schreien begonnen habe, soll er Elias noch am Tag seinen Verschwindens im Potsdamer Stadtgebiet stranguliert haben – „in der Absicht, ihn zu töten“, wie es unter Berufung auf die Anklage heißt. In der Folge sei das Kind gestorben. Elias hatte am späten Nachmittag des 8. Juli die Wohnung seiner Eltern in der Plattenbausiedlung Schlaatz verlassen, um im Hof zu spielen. Nach seinem Verschwinden suchten Polizisten, aber auch Hunderte freiwillige Helfer tagelang nach dem Kind – vergebens.

Die Mutter von Silvio S. meldete sich bei der Polizei

Auf die Spur von S. kamen die Ermittler erst nach dem Verschwinden des Flüchtlingsjungen Mohamed, der am 1. Oktober auf dem Gelände des Berliner Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso) entführt und laut Gericht am Tag darauf missbraucht und getötet wurde. Eine von der Polizei veröffentlichte Aufnahme einer Überwachungskamera eines Restaurants in der Nähe des Lageso sorgte für die Wende: Die Mutter von Silvio S. erkannte auf dem Fahndungsfoto ihren Sohn und verständigte die Polizei. S. wurde am 29. Oktober an seinem Wohnort in Kaltenborn in der Gemeinde Niedergörsdorf (Teltow-Fläming) festgenommen.

Auch den Fall Mohamed schildert das Gericht in der Prozessankündigung. S. habe das Kind zu seinem Auto geführt und sei – gegen dessen Willen – mit ihm zu seiner Dachgeschosswohnung im Haus seiner Eltern in Kaltenborn gefahren sein. Auch Mohamed habe ein Schlafmittel verabreicht bekommen. Am Morgen nach der Entführung soll S. versucht haben, das Kind zu missbrauchen – als Vorlage hätten Filme mit pornografischen Inhalten gedient, wie das Gericht deutlich macht. Nach der Festnahme von S. wurden auf seinem Computer Kinderpornos entdeckt. In der Folge habe sich das Kind verweigert – weswegen S. in Wut geraten sei. Und Mohamed habe nach seiner Mutter gerufen.

Dann fasste S. offensichtlich einen Entschluss: Laut Gerichtsrolle „aus Angst, von seinem im Erdgeschoss anwesenden Vater entdeckt zu werden“, soll der Angeklagte das Kind mit beiden Händen gewürgt haben – bis dieser kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Als der Vierjährige dann doch nach wenigen Minuten wieder erwacht sein soll, soll S. ihm einen mit Chloroform getränkten Lappen bis zur Bewusstlosigkeit ins Gesicht gedrückt und ihn mit Kabelbindern an Händen und Füßen gefesselt haben. „Dann soll er ihn mit einem Gürtel stranguliert haben, sodass der Geschädigte verstarb“, heißt es in der Gerichtsrolle. Die Leiche des Kindes wurde später in einer Plastikwanne im Auto des Mannes gefunden. Die Tötungen der Kinder hat S. bereits eingeräumt. Zudem führte er die Ermittler zu einem von ihm gepachteten Gartengrundstück bei Luckenwalde, dort lag Elias’ Leiche vergraben.

Die Frage ist, ob Silvio S. schuldfähig ist

In dem bevorstehenden Gerichtsverfahren geht es auch um die Frage, ob S. schuldfähig ist. Die Staatsanwaltschaft hat dazu ein gerichtspsychiatrisches Gutachten anfertigen lassen. Über das Ergebnis der Untersuchung ist bisher nichts bekannt. Für Mord ist im Strafrecht eine lebenslange Freiheitsstrafe vorgesehen. Der Potsdamer Verteidiger von Silvio S., Mathias Noll, wollte sich am Montag auf Tagesspiegel-Anfrage nicht zum bevorstehenden Prozess äußern. Speziell für den Prozessauftakt wird bundesweites Medieninteresse erwartet. Die Urteilsverkündung durch Richter Theodor Horstkötter ist für den 26. Juli vorgesehen.

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