Neue Heimat für den Steinschmätzer: Bauarbeiten am Berliner ICE-Werk vertreiben seltenen Vogel
Die Bahn investiert 260 Millionen Euro in ihre ICE-Werkstatt in Berlin-Rummelsburg. Über das Projekt freuen sich sogar Grüne. Dabei muss eine Vogelart weichen.
Der inoffizielle Star war zwar mehrfach Thema beim ersten Spatenstich für die Erweiterung des ICE-Werks der Deutschen Bahn (DB) in Rummelsburg – blicken lassen hat er sich aber nicht. Eine Mitarbeiterin der DB behauptete sogar unter der Hand, man habe ihn hier noch nie gesehen: Den Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe). Das ist ein heute sehr selten gewordener Vogel, der karge Lebensräume bevorzugt und zum Beispiel noch rund um die Tagebaue der Lausitz zu finden ist. Er ist auch offenbar der erste Anwohner, der die Folgen der großen Umbauarbeiten auf dem riesigen Bahngelände im Süden des Bezirks Lichtenberg zu spüren bekommt.
Die Fernverkehrssparte der Bahn investiert dort bis zum Jahr 2023 insgesamt rund 260 Millionen Euro – unter anderem verlängert sie ihre vor 21 Jahren errichtete Werkhalle, in der die ICE- Hochgeschwindigkeitszüge gewartet und repariert werden, um 200 auf dann 410 Meter. Dann kann an dem Standort auch der ICE4, der Hochgeschwindigkeitszug der vierten Generation, gewartet werden.
Der Vogel, dessen Nester auf der Fläche vermutet worden war, brauchte ein neues Heim. So hat die Bahn einen Steinwurf weiter ein paar Dutzend Betonschwellen mannshoch aufgestapelt in der Hoffnung, dass sich der Steinschmätzer dort niederlässt.
Bereits heute werden auf dem 63 Hektar großen Gelände mit insgesamt 27 Kilometern Gleisen täglich rund 24 ICE-Züge gewartet und repariert – rund um die Uhr. Alle drei bis vier Tage müssen aus der insgesamt 280 Züge starken DB-Flotte in einem der bundesweit elf Werke überprüft und gereinigt werden. Rummelsburg ist eines der größten Werke. Alle drei Monate ruft die DB ihre ICEs zur gründlicheren Überprüfung und alle 1,4 Millionen Kilometer, also nach etwa dreieinhalb Jahren, werden sie generalüberholt. Dann werden auch diverse Bauteile ausgetauscht.
Das Werk in Rummelsburg ist mit rund 700 Mitarbeitern einer der größeren Industriearbeitgeber Berlins. Mit der Expansion sollen 120 Mitarbeiter dazukommen und die Wartungskapazität um rund 30 Prozent steigern. Die Bahn sucht am Standort daher unter anderem Lokführer, Mechatroniker, Schlosser aber auch kaufmännische Angestellte und Ingenieure.
Alexander Kaczmarek, der Konzernbevollmächtigte der DB für das Land Berlin, betonte bei der Feierstunde die wichtige Rolle der „Bahnstadt Berlin“ im Konzern. Abgesehen vom Öffentlichen Dienst sei man mit insgesamt 200 00 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber der Stadt. Hier sitzt bekanntlich auch die Konzernzentrale.
Michael Peterson, Chef der DB-Fernverkehrssparte, erklärte die zentrale Rolle des Verkehrsträgers Schiene für die Mobilitätswende. Auch deshalb investiere der Konzern rund sieben Milliarden Euro in die ICE-Flotte, die auf 400 Züge wachsen soll. Das gehe aber nur mit der nötigen Infrastruktur – auch bei Wartung und Reparatur.
Für den Senat kam Wirtschaftssenatorin Ramona Pop nach Rummelsburg und erwähnte ihre persönliche Beziehung zur Bahn, der sie als Grünen-Politikern naturgemäß sehr verbunden sei. Aber nicht nur deshalb. Ihr Großvater in Rumänien sei Eisenbahner gewesen und habe sie oft mitgenommen. „Wenn man die Klimaziele erreichen will, braucht man eine starke Bahn“, sagte Pop und würdigte die Rolle Berlins als einer der führenden Schienentechnikstandorte. Etwa 100 Firmen und wissenschaftliche Einrichtungen in der Stadt würden sich mit dem Thema befassen. Pop freute sich auch für den Steinschmätzer auf dem Gelände – „auch wenn den noch niemand gesehen hat.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid:
- showPaywallPiano:
- false