Jahrelang wurde die alte Verordnung über die Kostenübernahme von Hartz-IV-Mieten rechtswidrig angewandt; und auch die seit Mai geltenden neuen Regelungen werden bereits heftig kritisiert. Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften, Mieterverein und Wohnungsunternehmen melden sich mit mahnenden Worten zu Wort, seit der Senat die neue „Wohnaufwendungenverordnung“ Ende April beschloss. Umstritten sind die neuen Grenzwerte für Mietkosten, die Kritiker weiterhin als viel zu niedrig bewerten, sowie die zunehmende Bürokratie. Jetzt müssen Kaltmiete, Wohnungsgröße sowie Heizkosten gesondert berücksichtigt werden. Früher gab es lediglich je nach Haushaltsgröße einen Grenzwert für die Bruttowarmmiete. Das Bundessozialgericht hatte jedoch die seit 2005 geltende „AV Wohnen“ als nicht schlüssig und rechtswidrig gerügt.
„Die Mitarbeiter der Jobcenter werden überfordert sein, diese Angaben richtig zu bewerten“, heißt es bei einer Wohnungsbaugesellschaft, die viele Wohnungen in Großsiedlungen verwaltet. Bereits früher seien viele Ungereimtheiten in den Bescheiden aufgetreten. „Nun haben die Jobcenter viel mehr Interpretationsspielraum.“ Dies werde dazu führen, dass Hartz-IV-Empfänger noch länger auf Bescheide warten müssen als bisher. Auch am Sozialgericht fürchten Richter, dass die Rechtsunsicherheit zu längeren Bearbeitungszeiten und so zu mehr Verfahren wegen Untätigkeit der Behörden führt. Außerdem erwarten sie aufgrund der größeren Komplexität der Verordnung mehr Fehler in den Bescheiden – zumindest vorübergehend. „Die Zahl der Hartz-IV-Klagen wird absehbar nicht weniger werden“, erwarten die Richter.
Am Kottbusser Tor steigen die Mieten - die Bewohner gehen auf die Straße:

Für die Berechnung, ob Heizkosten angemessen sind, müssen die Antragsteller auch Angaben über die Gesamtgröße des Mietshauses, über die darin vorhandene Wohnfläche sowie das Baujahr machen. Außerdem wird bei der Heizung unterteilt nach Öl, Gas oder Fernwärme. Nachweisen sollen die Hartz-IV-Mieter das über die Heiz- oder Betriebskostenabrechnung. Nur: Wer eine Wohnung neu bezieht, verfügt noch gar nicht über diese Unterlagen. Der müsse seinen Vermieter nach den Daten fragen und gibt sich so als Bezieher von Sozialleistungen zu erkennen, sagt David Eberhart, Sprecher des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). „Das führt auch zu einer Stigmatisierung.“ Die Degewo, die rund 70 000 Wohnungen in der Stadt verwaltet, hält diese Regelung ebenfalls für nicht richtig praktikabel. Denn nicht in allen Betriebskostenabrechnungen sei die Größe des Mietshauses angegeben, sondern die einer Verwaltungseinheit.
- Mehr Geld - aber auch mehr Bürokratie
- Zu hohe Mietkosten führen nicht zwangsläufig zum Umzug.
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