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Berlin: Neue Spuren im alten Sumpf (Kommentar)

Wahrlich, ein pikanter Zufall: Vor mehr als zehn Jahren war der Berliner CDU-Abgeordnete Diethard Schütze als Vorsitzender einer Untersuchungskommission mit der Aufklärung des bekanntesten Berliner Bauskandals befasst: der Antes-Affäre, benannt nach einem korrupten Stadtrat der CDU. Heute ermittelt die Staatsanwaltschaft wieder wegen Korruptionsverdachts im Baugewerbe - diesmal gegen den früheren Aufklärer selbst, gegen Schütze.

Wahrlich, ein pikanter Zufall: Vor mehr als zehn Jahren war der Berliner CDU-Abgeordnete Diethard Schütze als Vorsitzender einer Untersuchungskommission mit der Aufklärung des bekanntesten Berliner Bauskandals befasst: der Antes-Affäre, benannt nach einem korrupten Stadtrat der CDU. Heute ermittelt die Staatsanwaltschaft wieder wegen Korruptionsverdachts im Baugewerbe - diesmal gegen den früheren Aufklärer selbst, gegen Schütze.

Der Bundestagsabgeordnete hat zwar heute in der CDU keinen großen Einfluss mehr, womöglich, weil er Wichtigeres zu tun hat; er ist aber, immerhin, einer von mehreren Stellvertretern des Berliner Landesvorsitzenden Eberhard Diepgen und, erklärtermaßen, einer seiner politischen Gegner in der Partei. Die Führung der CDU mag sich zu den Ermittlungen gegen Schütze und den ebenfalls der CDU angehörenden früheren Berliner Stadtrat Bittner nur ungern äußern, und das ist verständlich.

Erstes sind es nur noch wenige Tage bis zu den Berliner Wahlen; da wären die Funktionäre schlecht beraten, würden sie mit umfangreichen Erklärungen die Sache weiter anheizen. Zweitens trauen doch einige Parteifreunde Schütze zu, was ihm vorgeworfen wird, wenn bei manchen auch nur unwissender Neid über dessen florierende Geschäfte mitschwingt; und drittens empfinden wieder andere, die Schütze politisch alles Schlechte wünschen, eine klammheimliche Freude über die Vorwürfe, denen er sich erwehren muss.

Es gibt aber auch Stimmen, die - unwissend, was den Ermittlungsstand betrifft - Schütze rundum in Schutz nehmen und von einer Kampagne sprechen: Seit zwei Jahren werde ermittelt, aber erst jetzt, kurz vor der Wahl, kommt der Vorgang in die Öffentlichkeit. Nur ein weiterer pikanter Zufall? Was die Berichterstattung in dieser Zeitung betrifft: Nicht der politische Kalender, sondern der Stand der Recherche bestimmt den Zeitpunkt einer Veröffentlichung. Hätte man gnädig bis nach der Wahl warten sollen?

Was die politische Klasse dieser Stadt aus der Antes-Affäre gelernt hat, wird sich schon bald zeigen. Ein Zufall führte die Ermittler damals auf die erste Spur, die dann tief hineinführte in den Berliner Sumpf. Viel zu lange taten damals viel zu viele so, als hätten sie nichts mit dem Fall zu tun. Die CDU müsste heute mehr tun, als nur abzuwarten.

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