zum Hauptinhalt

Neuer Club am Spreeufer: Der geschniegelte Kater feiert mit Feinkost Premiere

Die Bar 25 war legendär, kann ihr Nachfolger dem gerecht werden? Ein erster Besuch nährt einige Hoffnungen.

Wer zum Kater will, muss zuerst an der Bulldogge vorbei. Grimmig blickt der Kampfhund vom Shirt des Türstehers, ist aber harmlos, bloß das Logo der Georgetown University, aha, hier entscheiden wohl Akademiker über den Einlass. „Ihr habt hoffentlich reserviert, oder?“, fragt der Mann. Klar haben wir, gleich als der Erste munkelte, dass es nun endlich losgehe mit dem „Kater“, diesmal aber wirklich. In Ordnung, sagt der Türsteher, und dann: durch den Hof geschickt, hinten rechts ins Gebäude rein, Treppenhaus, an den Wänden Graffiti, drei Stockwerke hoch bis zur Topfpflanze, die Klinke drücken. Angekommen.

Manche haben bezweifelt, dass dieser Laden überhaupt jemals aufmacht. Weil der Bezirk keine Genehmigung erteilt, weil sich die Macher übernommen haben oder weil die ganzen Gerüchte vielleicht Unsinn waren, nicht mehr als ein böser Scherz. Wer trotzdem an das Projekt glaubte, musste wenigstens damit rechnen, dass es gnadenlos scheitern wird. Ein Nachfolger für die untergegangene „Bar 25“, den Hedonisten-Magneten am Friedrichshainer Spreeufer, Heimstätte fürs Szenevolk, für Nachtdurchtänzer und Röhrenjeans-Träger. Seit September ist die „Bar 25“ Geschichte, Berliner Nachtlebengeschichte, der Grundstücksbesitzer hat sie vertrieben, zur Abschiedsparty kam nachts die Polizei und konfiszierte die Anlage, Nachbarn hatten sich über Lärm beschwert. Seit dem Frühjahr geht das Gerücht um, dass die Bar wiederaufersteht, direkt gegenüber auf der anderen Spreeseite. Auf Facebook hat der Kater bereits 7000 Freunde, Klaus Wowereit hat weniger. Bei so viel Vorschusslorbeeren kann man nur enttäuschen. Oder?

An den Wänden hängen ausgestopfte Tierköpfe. Wildschwein, Bergziege, Ente, keine Katzen zum Glück. Die Tische sind grillhähnchenbraun lackiert, in der Mitte hängt ein Kronleuchter von der Decke, aus den Boxen säuseln Jane Birkin und Serge Gainsbourg. Das Pilsner Urquell kann man direkt aus der Flasche trinken. Ein bisschen sonderbar, wenn gleichzeitig edle Jakobsmuscheln für zehn Euro auf dem Teller liegen. Die Kellnerin hat sich eine ganze Blumenwiese auf die Arme tätowieren lassen, ihr Kollege sieht aus wie der Bassist der Red Hot Chili Peppers in jungen Jahren. Was Bar-25-Gänger überraschen wird: Die beiden sind uneingeschränkt freundlich.

Noch mehr beeindrucken die unverputzten Wände, die meisten Backsteine zieren Graffiti und andere Malereien. Sieht aus, als hätte jemand in einer leerstehenden Ruine mit viel Liebe ein Restaurant eingerichtet. Genauso ist es auch.

Bis vor einem Jahr hausten hier Turmfalken, ein Bauwagenplatz grenzte an den Hof. Ganz früher war dies eine Garnfabrik. Angeblich darf der Kater nur zwei Sommer lang öffnen, danach wollen die Grundstücksbesitzer sanieren. Aber wer sieht, mit wie viel Aufwand hier eingerichtet wurde, Deko ausgewählt, Blumenkästen gebastelt, der kann sich schwer vorstellen, dass 2012 schon wieder Schluss ist. Darin war auch die Bar 25 unschlagbar: das drohende Ende verkünden und dann doch noch einen Sommer weiterfeiern.

Das Pärchen am Nebentisch hatte Glück. Es war neulich nur aus Neugier vorbeigekommen, um mal zu fragen, ob der Kater denn eventuell doch noch öffnet und ob man schon mal einen Tisch für August vorbestellen könnte. Jetzt isst das Paar argentinisches Rinderfilet, und er belehrt sie über „Google+“, da entscheide man ja nun selbst, wem man was mitteilt, aber das könne sie alles nachlesen im Blog von Lobo, also Sascha Lobo. Die Kartoffeln schmecken übrigens recht genial, sagt er noch.

Um halb zehn ist der Kater voll, man ahnt, dass es demnächst noch sehr viel voller wird, wenn sich die Kunde erst rumgesprochen hat und dann die Szenetypen und Kreativen und die Journalisten kommen. Eine MTV-Moderatorin war schon da. „Lang lebe der Kater“, hat sie hinterher auf ihre Internetseite geschrieben, und ihre Freunde haben das dort gelesen und sich gefreut. So funktioniert es.

Bisher hat nur das Restaurant offen, aber das Gelände ist viel größer, und bald soll auch unten im Hof die Bar in Betrieb gehen, Theater und Konzerte sind geplant, nächstes Wochenende ein Folkfestival. Das hier wird keine neue Bar 25, sagen die Macher, sie wollen mehr Kultur, weniger Party. Trotzdem haben sie im Hof ein Schild mit der Aufschrift „Holzmarktstraße“ hingestellt, der alten Adresse. Und dann dieser Bretterzaun, der Nostalgiker hoffen lässt. „The Party never dies“, steht in großen Lettern darauf.

Es wird noch gewuselt und gewerkelt auf dem Gelände, auf den Toiletten fehlen Spiegel und Seifenspender, stattdessen gibt’s „Palmolive zarte Pflege“. An der Aussichtsplattform auf dem Dach wird gebaut. Und trotzdem steht schon fest: Der Kater ist schick geworden. Berlinschick. Also schön kaputt und stilvoll arrangiert.

Hinten rechts in der Ecke bei den Plüschsofas steht ein Fenster offen. Dort darf geraucht werden, und man könnte von da jetzt runter auf die Spree gucken, theoretisch, wenn nicht bereits ein ganzes Menschenknäuel davorstünde. Den Cheesecake mit Himbeeren, den solle man dringend probieren, sagt eine. Dann muss sie schnell rüber, irgendeinen Gabor begrüßen. Der Gabor weiß also auch schon Bescheid.

Das Restaurant ist Di-Sa ab 18 Uhr offen. Reservierung unter Telefon 51 05 21 34.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false