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Das Abgeordnetenhaus beschließt am Donnerstag den Haushalt für 2020/2021

© Christoph Soeder/dpa

Neuer Etat wird am Donnerstag beschlossen: Berliner Wirtschaft kritisiert den Doppelhaushalt

Wirtschaftsvertreter sehen unter anderem den Verzicht auf den U-Bahnausbau als verpasste Chance. Der Senat setzt seine Prioritäten anders.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Mit dem Haushalt für 2020/21, der am Donnerstag vom Abgeordnetenhaus beschlossen wird, legen sich SPD, Linke und Grüne noch einmal mächtig ins Zeug. Der neue Etat ist die finanzielle Grundlage für die letzten zwei Jahre dieser Regierung. Im Herbst 2021 wird das Landesparlament neu gewählt. In der Generaldebatte, die mit der parlamentarischen Haushaltsberatung traditionell verbunden ist, könnten deshalb schon Wahlkampftöne anklingen.

Die Koalition hält sich zugute, die schwindenden Spielräume im Etat mit neuen Investitionen und Projekten voll auszunutzen. Die Opposition ist dagegen der Meinung, dass Rot-Rot-Grün nicht solide wirtschaftet und falsche Schwerpunkte setzt.

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) kritisierte schon am Mittwoch, dass im neuen Haushalt „wichtige Weichenstellungen fehlen, um Berlin wetterfest für die Zukunft zu machen“. Auch nach zehn Jahren mit hohen Steuereinnahmen und ungebrochenem Wirtschaftswachstum stecke die Stadt im Sanierungsstau und hinke bei der Modernisierung der Verwaltung hinterher.

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„Die Berliner Wirtschaft sieht das mit Sorge“, sagte der IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder. Zumal die Konjunkturaussichten „nicht so rosig“ seien. Deshalb würden die finanziellen Spielräume auch für „kostspielige Klientelgeschenke“ kleiner.

Als Beispiel für vertane Chancen nennt die IHK den Verzicht auf einen Ausbau der Berliner U-Bahn. Dafür seien im Doppelhaushalt nicht einmal Planungsgelder vorgesehen.

Mit dem Wunsch, wenigstens die Planung des U-Bahnausbaus ein Stück voranzubringen, hatte sich die SPD gegenüber den Koalitionspartnern in den internen Etatberatungen nicht durchsetzen können. Dafür hat auch der Chef des Bauindustrieverbands-Ost, Robert Momberg, kein Verständnis: „Will der Senat sein ökologisches Profil tatsächlich weiterentwickeln, muss er den U-Bahnbau aktiv fördern.“

Das sind die Schwerpunkte im neuen Haushalt

Die Schwerpunkte der Koalition bis zur Berliner Wahl im Herbst 2021 sehen anders aus. Im neuen Haushalt werden unter anderem das Gratis-Mittagessen an den Grundschulen, ein kostenloses BVG-Schülerticket und eine Hauptstadtzulage für 150.000 öffentlich Bedienstete finanziert.

Außerdem die schrittweise Angleichung der Tarifgehälter und Beamtenbezüge an das Niveau der anderen Bundesländer. Der Neubau und die Sanierung von Schulen, auch in freier Trägerschaft, sollen forciert werden, und das landeseigene IT-Zentrum (ITDZ) wird finanziell gestärkt, um die Digitalisierung der Landesverwaltung voranzubringen.

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In den Haushaltsberatungen des Parlaments legten die Regierungsfraktionen trotz sinkender Steuereinnahmen noch eine Kohle drauf. So wurden die Kosten für die Umsetzung des Mietendeckels in den Doppeletat eingepreist. Für die Beschaffung neuer U- und S-Bahnwagen wurde langfristig Vorsorge getroffen, und die Bäder-Betriebe erhalten nicht nur einen Unternehmensvertrag über zehn Jahre, sondern auch mehr Geld.

Auch die Bezirke werden besser ausgestattet als vom Senat ursprünglich geplant, um beispielsweise die Tagesreinigung an Schulen zu verbessern, die Honorare für Musikschullehrer zu erhöhen oder die Grün- und Baumpflege aufzustocken.

Es droht ein Defizit von 700 Millionen Euro

Dies alles ist nicht gratis zu haben. Die (bereinigten) Ausgaben im Landeshaushalt steigen 2020 auf rund 30,5 Milliarden Euro. Im folgenden Jahr sind es 31,9 Milliarden Euro. Das Finanzdefizit von etwa 700 Millionen Euro, das in zwei Jahren droht, muss durch eine Rücklage aufgefangen werden, die in diesem Jahr erwirtschaftet werden soll und ins Wahljahr 2021 verschoben wird.

Die Personalausgaben überspringen im nächsten Jahr erstmals die Grenze von 10 Milliarden Euro. In der rot-rot-grünen Regierungszeit (2016 bis 2021) steigen die Kosten für die öffentlich Beschäftigten um 28,5 Prozent. Auch die konsumtiven Sachausgaben machen im selben Zeitraum mit zusätzlich 20,5 Prozent einen Sprung.

Dagegen steigen die Einnahmen im Haushalt in den Regierungsjahren von Rot-Rot-Grün nur um 12,5 Prozent. Das führt im Ergebnis dazu, dass das Finanzierungssaldo des Landeshaushalts 2021 zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder negativ sein wird. Laut Finanzplanung des Senats wird der Berliner Etat noch bis mindestens 2023 rote Zahlen schreiben.

Die guten Zeiten sind vorerst vorbei und die Erklärung dafür ist einfach: „Die deutsche Wirtschaft steht weiterhin auf wackeligen Füßen“, vermeldete das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwoch. Das wirkt sich auch in Berlin auf die Steuereinnahmen aus. Wenn gleichzeitig die Ausgaben kräftig wachsen, führt das schnell zu Defiziten.

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Die Haushaltslage sähe noch schlechter aus, wenn der Senat in der Lage wäre, die öffentlichen Investitionsmittel komplett auszugeben. Laut Prognose der Finanzverwaltung werden im laufenden Jahr statt der geplanten 2,7 Milliarden Euro nur 1,7 Milliarden Euro verwendet.

Kaum Geld für Abbau von Schulden

Für reine Bauausgaben waren 680 Millionen Euro vorgesehen, verbaut werden in diesem Jahr aber nur 420 Millionen Euro. Trotzdem bleibt die Koalition mutig und plant fürs nächste Jahr 2,5 Milliarden Euro für Investitionen ein. 2021 sollen es sogar 2,8 Milliarden Euro sein.

Die öffentlichen Gelder, die im landeseigenen Investitionsfonds Siwana angespart werden, bisher schon 3,9 Milliarden Euro, sind dabei noch nicht berücksichtigt. Auch aus Siwana fließen jährlich nur etwa 300 Millionen Euro ab.

Wie es jetzt aussieht, bleibt für den Abbau des Berliner Schuldenbergs im neuen Doppelhaushalt nicht mehr viel Geld übrig. Bis Ende 2021 sollen nur noch 460 Millionen Euro getilgt werden. Ob in diesem Jahr noch Geld für diesen Zweck übrigbleibt, ist noch unklar.

Seit 2012 wurden aus Haushaltsüberschüssen immerhin 4,9 Milliarden Euro Schulden abgetragen. Ende 2018 lag der Schuldenstand Berlins trotzdem noch bei 57,6 Milliarden Euro. Ab nächstem Jahr greift auch in Berlin die Schuldenbremse, die die Aufnahme von Krediten nur noch in Ausnahmefällen zulässt.

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