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Neuer Flughafen in Schönefeld: Auch Airlines ahnten das Debakel

Fluggesellschaften arbeiteten an einer Endlos-Mängelliste, da platzte die Eröffnung. Jetzt diskutieren sie über einen Termin im März.

Den Fluggesellschaften war schon vor Wochen klar, dass es beim neuen Großflughafen BER schiefläuft. Über den Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) wurden die Mängel zusammengetragen. Nach Tagesspiegel-Informationen sollte am 4. Mai ein Brief an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) abgeschickt werden, in dem kritisiert wurde, dass bislang keine zusammenhängenden Prozesse hätten getestet werden können und es weit über 300 Mängelpunkte auf der Flughafenbaustelle gebe. So stünden die automatischen Tür- und Brückensteuerungen nicht zur Verfügung, sondern müssten manuell bedient werden. Wowereit sollte aufgefordert werden, „zum 3. Juni die Gesamtfunktionsfähigkeit sicherzustellen“ und außerdem die Aufrechterhaltung Tegels zu gewährleisten für den Fall, dass BER nicht rechtzeitig eröffnet wird.

Konkret ging es nach Angaben eines Insiders bei den 300 Punkten neben dem Brandschutz vor allem um IT und Stromversorgung. So sei für den 30. Mai, also nur vier Tage vor der geplanten Eröffnung, der Umzug von einem Server auf einen anderen avisiert worden. Die Airlines appellieren in dem Briefentwurf an Wowereit, alles zu tun, um Schaden vom Luftfahrtstandort Berlin abzuwenden. Obwohl die Airlines, wie es ein Informant gegenüber dem Tagesspiegel ausdrückt, „schon einen Monat vorher am Verzweifeln“ gewesen seien. Da es „nach jeder Betriebssimulation noch schlimmer als vorher“ ausgesehen habe, wurde über Details des Briefes noch diskutiert, als die Absage der Eröffnung das Schreiben überholte.

Offiziell stellen die Fluggesellschaften das anders da, vermutlich auch im Hinblick auf mögliche Schadensersatzansprüche. „Wir sind immer davon ausgegangen, dass der Termin zu halten ist“, sagt Air-Berlin-Sprecher Uwe Berlinghoff. Noch am Freitag vor der offiziell verkündeten Verschiebung des Eröffnungstermins sei der gesamte Vorstand von Air Berlin auf der Baustelle gewesen. Dort hätten die Vertreter der Flughäfen ihnen versichert, es werde eng, aber es sei zu schaffen. „Wir hatten keinen Zweifel, dass die ihr Wort halten. Wir haben ihnen geglaubt, wir mussten ihnen doch glauben“, sagte Berlinghoff.

Laut einem Bericht von Experten des Münchner Unternehmens ORAT, das für den Probebetrieb mitverantwortlich ist, waren Ende Mai wichtige Bereiche von Check-in über Boarding bis hin zu Bodenverkehr nur zu 52 Prozent betriebsbereit. Dass dieser Engpass besonders die seit Jahren rote Zahlen schreibende Air Berlin getroffen hätte und die Eröffnung des Flughafens auch deswegen verschoben wurde, behaupten zwei Insider unabhängig voneinander. Auf die Frage, ob Air Berlin einem pünktlichen Eröffnungstermin mit deutlich eingeschränktem Flugbetrieb zugestimmt hätte, antwortete Air-Berlin-Sprecher Berlinghoff ausweichend: „Hätte, wenn und aber. Auf Spekulationen lassen wir uns nicht ein. Das tun wir nie.“

Easyjet war auf einen Pannenstart des Flughafens eingestellt. „Auch uns wurden regelmäßig Mängellisten vorgelegt, und auch bei den diversen Testläufen lief längst nicht alles rund“, sagt Easyjet-Deutschlandchef Thomas Haagensen. Sein Unternehmen habe dazu auch jeweils ein Feedback gegeben und selbst Listen erstellt. „Wir haben daher auch nicht damit gerechnet, dass bei der Eröffnung am 3. Juni alles perfekt sein würde.“ Haagensen verweist auf entsprechende Aussagen Wowereits, der bei einer Veranstaltung auf der Baustelle am 23. April gesagt hatte, dass mit Mängeln zu rechnen sei. „Dennoch waren wir vergangenen Dienstag überrascht, als wir den Anruf bekamen“, sagt Haagensen. „Ich will mich aber heute nicht auf die Suche nach dem Schuldigen begeben, sondern nach vorne schauen.“ Fest stehe, dass Easyjet die geplante Ausweitung des Flugplans nun am alten Terminal in Schönefeld realisieren werde. „Das kostet uns viel Energie bei der Planung, aber das wird uns gelingen.“

Noch ist der Eröffnungstermin des neuen Flughafens offen. „Ein Termin noch im August wäre indiskutabel, das ist für uns die Hauptreisezeit“, sagt Haagensen und plädiert wie seine Wettbewerber für einen Termin zum Flugplanwechsel Ende Oktober, auch, weil dann in Berlin die ILA (11. bis 16. September) vorbei sei. „Notfalls könnten wir auch mit einem Termin im März 2013 leben. Hauptsache, die gesamte Infrastruktur ist fertig und funktioniert“, sagte Haagensen.

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