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Der Supercomputer "Lise" im Berliner Konrad-Zuse-Institut zählt zu den schnellsten Rechnern der Welt.

© Manfred Ronzheimer

Neuer Supercomputer „Lise“ in Berlin: Ein Rechner, der Moleküle und Galaxien simuliert

Am Konrad-Zuse-Institut in Berlin-Dahlem ist ein neuer Hochleistungscomputer in Betrieb gegangen. Er steht auf Platz 40 der schnellsten Computer weltweit.

Auf Konrad folgt Lise. Im Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin (ZIB) in Dahlem ist gestern der neue Supercomputer in Betrieb gegangen – die zweitstärkste Rechenmaschine in ganz Deutschland. Die Informatiker des landeseigenen Instituts haben ihr den Kosenamen „Lise“ gegeben, in Erinnerung an die Berliner Physikerin Lise Meitner. Die offizielle Bezeichnung des Superrechners lautet eigentlich „Hochleistungsrechner Norddeutschland-IV (HLRN-IV), weil auf ihm die großen Rechenexperimente für die Hochschulen von sieben nord- und ostdeutschen Bundesländer ausgeführt werden können. „Lise“ ist mit einer Leistung von 16 Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde (Petaflops) sechsmal schneller als die Vorläufer-Maschine HLRN-III „Konrad“. Mit dieser Leistung rückt Berlin in der weltweiten TOP 500-Liste der schnellsten Supercomputer auf Platz 40 vor.

16 Billiarden Rechenoperationen in der Sekunde

Hersteller ist die französische Firma Atos, der letzte Konstrukteur von Supercomputern in Europa. Die Kosten für den Berliner Rechner und ein Parallelystem an der Universität Göttingen belaufen sich auf 30 Millionen Euro. Sie werden jeweils zur Hälfte vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und den sieben Bundesländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein getragen.

Der neue Rechner ist Teil eines Doppelsystems an den Standorten Berlin und Göttingen, die über eine 10-Gigabit-Datenleitung verbunden sind und von den Informatikern wie eine einzige Maschine betrieben werden. Auf die beiden Rechenzentren können die Wissenschaftler aus den Hochschulen der sieben Länder zugreifen und die Berechnungen und Simulationen für ihre Experimente durchführen. Der Göttinger HLRN-Rechner trägt den Namen „Emmy“ nach der deutschen Mathematikerin Emmy Noether. Die Leistungssteigerung des Göttinger Rechners, wie jetzt in Berlin auf das Sechsfache der bisherigen Rechenkapazität, steht im nächsten Jahr an. Mit dem Berlins „Lise“ zusammen würde dann Platz 20 der Weltliste erklommen. Stärkster deutscher Supercomputer ist das Leibniz-Rechenzentrum in München mit 19,5 Petaflops.

High-Performance-Computer half bei Entdeckung neuer Arznei

Alexander Reinefeld, der Leiter des Bereichs Computer Science am Zuse Institut freut sich über die neuen Möglichkeiten des wissenschaftlichen Rechnens in Dahlem. „Big Data, Künstliche Intelligenz und Hochleistungrechnen gehen Hand in Hand“, betont der Wissenschaftler, der seine Professur an der Humboldt-Universität hat. Zwar geht es den Rechenprojekten vor allem um die Grundlagenforschung, etwa zur Simulation von Galaxien für die Astronomie oder der Zirkulation von Ozeanströmen für die Klimaforschung. Aber nicht selten schauen praktische Anwendungen des High Performance Computing (HPC), so die internationale Fachbezeichnung, schon bald um die Ecke. So wurden auf dem Berliner Rechner von Pharmakologen die Moleküle eines Arzneimittel-Opiats simuliert, mit dem Ergebnis der Entdeckung eines neues Pharma-Wirkstoffs. „Der ist inzwischen patentiert und mit Medizinern der Charité in der klinischen Erprobung“, berichtet Reinefeld. Mit weiteren Entdeckungen ist zu rechnen.

Das Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik ist nach dem Wissenschaftler und Erfinder Konrad Zuse benannt, der 1941 in Berlin-Kreuzberg den ersten funktionsfähigen und frei programmierbaren Computer vorstellte. Das Datum gilt als der Beginn des digitalen Zeitalters.

Manfred Ronzheimer

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