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Geschichte als Mahnung.

© Thilo Rückeis

Neues aus dem Bunker: Hitler-Ausstellung in Kreuzberg eröffnet

„Wie konnte es geschehen?“, fragt eine neue Hitler-Ausstellung im Berlin Story Bunker. Die Macher reisten dafür durch die Welt.

Dieser Adolf Hitler war so größenwahnsinnig, dass er uns noch immer und immer wieder auf neue Art beschäftigt. Jetzt taucht der Diktator in einem jener Fliegerbunker auf, deren Bau er 1940 befahl. Der unzerstörbar scheinende Stahlbeton-Koloss in der Schöneberger Straße nahe dem Anhalter Bahnhof beherbergt nun die Ausstellung „Hitler – wie konnte es geschehen?“ Auf drei Etagen, in fast fünfzig Räumen mit meterdicken Wänden, zeigt die Berlin Story auf 2300 Abbildungen und 330 Texttafeln die Gründe für den unaufhaltsamen Aufstieg und Fall des germanischen Arturo Ui.

Wir sind außer der Topografie des Terrors hiermit die Einzigen, die die komplexe Geschichte des Nationalsozialismus im Dritten Reich so ausführlich darstellen“, sagt der Kurator und Historiker Wieland Giebel, der die Hitler-Schau mit Enno Lenze in vier Monaten realisierte. Sie reisten durch die halbe Welt, um seltene, noch nie gezeigte Fotos und Dokumente zu beschaffen: 1,3 Millionen Euro hat das alles gekostet, viel Geld für ein privat geführtes Museum.

In der Schau muss man mit über zwei Stunden rechnen

Dabei hatte die Sache mit dem nicht untalentierten, aber von der Kunstakademie abgelehnten Maler A. H. ganz harmlos angefangen. Hitler litt unter den Folgen des Ersten Weltkriegs, wollte helfen, Deutschland wieder stark zu machen, entwarf das Hakenkreuz als Symbol für sein neues Vaterland und hielt Reden, in denen immer wieder die Seele des Volkes gestreichelt und die Sucht nach Größe (Germany first!) beschworen wurde. Was wollte er? „Eine gewaltige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend will ich“, rief er aus, und: „Das deutsche Mädel ist von der Sehnsucht besessen, dereinst die Mutter eines neuen Menschen zu sein, der gesund und schön und voller Anstand ist“.

Hitler hinten, Hitler vorn, in der Mitte Kraft durch Freude. Ein Ehrenbürgerbrief der Stadt Hattingen von 1933 an „Adolf Hitler, den Einzigen, den Wecker der deutschen Ehre, den Retter des deutschen Volkes in Ehrfurcht, Liebe und Treue“ gibt einen kleinen Eindruck vom überbordenden Personenkults als Teil der Politik. (In der DDR wiederholte sich das übrigens nach 1945 mit den Hymnen auf Stalin und Ulbricht.)

Wieland Giebel (li.) und Enno Lenze haben Dokumente und Objekte zum Aufstieg Hitlers zusammengetragen.
Wieland Giebel (li.) und Enno Lenze haben Dokumente und Objekte zum Aufstieg Hitlers zusammengetragen.

© Thilo Rückeis

In der Schau muss der Besucher mit über zwei Stunden rechnen, um mithilfe der Texte nur annähernd zu verstehen, wie das alles geschehen konnte. Wir sehen die jubelnden Menschen, wenn der Führer 1940 in seinem Mercedes vom Anhalter Bahnhof zur Reichskanzlei in die Wilhelmstraße fährt: Wie diese Gefühlsaufwallungen unserer Eltern, Großeltern und Urgroßeltern angesichts des Mannes mit dem kleinen Bärtchen zustande kamen, vermag auch diese Ausstellung nicht vollständig zu erklären. Aber Fotos, Tonfilmbilder und Zeitungsberichte bemühen sich, die Gründe einzuordnen.

Die Fotobeweise sind geradezu ungeheuerlich und erdrückend

Bei der Klärung der Begriffe und Sachverhalte darf man vom Besucher eine gewisse Vorbildung erwarten. Im Bunker werden verschiedene historisch-hintergründige Dokumente und Exponate gezeigt. Zum Beispiel ein besonderes Propagandainstrument, die Goebbelsschnauze, der Volksempfänger VE 301, mit 76 Mark für jeden Volksgenossen erschwinglich. Das Röhrenradio heißt VE 301, weil Hitler am 30. Januar an die Macht kam. Später entstanden die Entwürfe für die Welthauptstadt Germania. Sie sollten alles in den Schatten stellen und beim Volk ein „Überlegenheitsgefühl“ erzeugen.

Das brauchte der Führer, um andere Völker zu unterdrücken oder auszurotten: Die Fotobeweise sind geradezu ungeheuerlich und erdrückend, wie die Zahl der Toten, die der von den Deutschen angezettelte Krieg mit sich gebracht hat. Die Schau ist auch eine Mahnung. Ausstellungsmacher Wieland Giebel zitiert einen Leiter des Washingtoner Holocaust Memorial Museums: „Starke Führer, Abschottung, Fremdenfeindlichkeit, radikale Prediger, Unterdrückung der Opposition und der Medien – so fing das an.“ Bleiben wir wachsam.

Das Ende: Szenen aus Oliver Hirschbiegels „Der Untergang“ und anderen Filmen vom letzten Schuss im Führerbunker beschließen die Ausstellung. Die Nachbildung von Hitlers Arbeitszimmer im Führerbunker wirkt wie eine bürgerliche Puppenstube, über der das Porträt von Friedrich II. thront. Eine Heiratsurkunde besagt, dass sich A. H. und Eva Braun am 29. April 1945 um 1.30 Uhr in der Nacht trauen ließen. Die Ehe ist kurz. 28 Stunden später sind beide tot.

„Hitler – wie konnte es geschehen?“ Berlin Story Bunker, Schöneberger Straße 23a, täglich 10 bis 19 Uhr, Eintritt 12 Euro.

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