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Neues Geschäftsfeld der Gasag: Der große Kampf um Gas und Strom

Vattenfall bekommt prominente Konkurrenz: Ab 2011 will die Gasag den Berlinern auch Strom verkaufen. SPD und Linke diskutieren über die Gründung von Berliner Stadtwerken.

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Binnen fünf Jahren will die Gasag nach Auskunft von Sprecher Klaus Haschker rund 50 Millionen Euro investieren und etwa 100 000 Kunden gewinnen. Langfristig sei auch mehr möglich. Damit würde die Gasag der zweitgrößte Stromanbieter nach dem Vattenfall-Konzern, der nach eigenen Angaben zurzeit 79 Prozent Marktanteil hält.

Die Gasag verbindet ihre Ankündigung mit einer Kampfansage an den Platzhirsch Vattenfall: Da man den Strom per Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) direkt an der Gaszentralheizung von Gebäuden erzeuge, könne man den Bewohnern „einen vernünftigen Preis“ machen. Im Klartext: Die Gasag will den Tarif „Berlin Klassik“ von Vattenfall um etwa fünf Prozent unterbieten. Dabei hält Vattenfall zurzeit noch 32 Prozent Anteile an der Gasag. Allerdings wollen sowohl der schwedische Konzern als auch Hauptgesellschafter Eon-Ruhrgas (36 Prozent) ihre Gasag-Anteile verkaufen. Die restlichen 32 Prozent hält der französische Konzern Gaz de France.

Die Ankündigung der Gasag kommt nur wenige Tage vor einem großen Energiesymposium von Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). Wolf will in der nächsten Woche die Idee für einen Energieversorger in kommunaler Hand („Stadtwerke“) weiterentwickeln, die er vor einigen Monaten ins Spiel gebracht hat. Theoretisch wäre auch ein Wiedereinstieg des Landes bei der Gasag denkbar, die in den 1990ern – ebenso wie die von Vattenfall übernommene Bewag – privatisiert worden war. Wirtschaftssenator Wolf war am Montag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Ökologisch ist der per Erdgas-KWK erzeugte Strom zwar nicht erstklassig, aber zumindest klimaschonender als der konventionelle Energiemix mit hohem Kohle-Anteil. Zudem ließe sich unkompliziert klimafreundliches Biogas beimischen. Diese Linie verfolgt auch Hamburg-Energie, ein 2009 in der Hansestadt gegründeter kommunaler Versorger.

Der Umgang mit Gas, Strom und Wasser wird auch auf dem Landesparteitag der SPD am 13. November eine wichtige Rolle spielen. Die Sozialdemokraten sind sich aber noch uneins, ob sie die Gründung von „Berliner Stadtwerken“ anstreben wollen, die Gas, Strom, Wasser, öffentlichen Personennahverkehr und andere Versorgungs- und Dienstleistungsunternehmen unter einem großen kommunalen Dach vereinen. Die Befürworter dieses ehrgeizigen Projekts, das die Münchener Stadtwerke zum Vorbild hat, finden sich in einem Antrag des SPD-Kreisverbands Charlottenburg-Wilmersdorf wieder. Aber auch sie wissen, dass die Herstellung eines solchen Verbunds viele Jahre dauern wird.

In Konkurrenz dazu schlagen die Pankower Genossen vor, das Land Berlin solle zunächst einen Anteil am Vertriebsnetz der Gasag erwerben. Mittelfristiges Ziel ist die Übernahme des Gas-, Strom- und Fernwärmenetzes, ergänzt durch eigene Energiedienstleistungen. Dieses Projekt läuft unter dem Namen „Berlin Energie“. Ein solcher kommunaler Energieversorger könnte, so der Pankower Antrag, die Keimzelle sein für eine schrittweise Übernahme der Netze von Gasag und Vattenfall.

Zurzeit bemühen sich die Experten in der SPD darum, bis zum Parteitag eine gemeinsame Linie zu finden. 2013 läuft der Konzessionsvertrag für Gas und 2014 für Strom aus. Beide Verträge müssen mit zweijährigem Vorlauf europaweit ausgeschrieben werden. Die strategische Frage ist, ob die Netze weiterhin in privater Hand bleiben oder in öffentliches Eigentum übergehen. Oder wenigstens kommunal mitkontrolliert werden. Für die Finanzierung der großen Übernahmepläne gibt es bisher nur vage Ideen.

S. Jacobs/U. Zawatka-Gerlach

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