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Berlin: Neues Jahr, neuer Raubzug

Wieder wurde eine Gaststätte überfallen: Diesmal aber traf es keine Altberliner Kneipe, sondern ein Szene-Café

Die Serie der Gaststättenüberfälle nimmt kein Ende: Nach fünftägiger Pause wurde Sonnabend früh das „Exx“ an der Dieffenbachstraße in Kreuzberg beraubt. Es ist der 23. Überfall seit Anfang Oktober und der erste im neuen Jahr. Zuletzt war, wie berichtet, am 29. Dezember das „Ulmenstüb’l“ in Spandau überfallen worden.

Die drei mit Messern und einer Pistole bewaffnete Männer stürmten gegen 4.30 Uhr in das Lokal und bedrohten den Kellner, der allein in der Gaststätte war. Sie nahmen ihm das Portemonnaie mit den Tageseinnahmen ab und sperrten den 28Jährigen in die Toilette. Ein früher Gast, der zufällig während des Überfalls ins Café kam, wurde seine Scheckkarte und sein Geld los. Dann sperrten die Räuber ihn ebenfalls ins Klo und durchsuchten offenbar ohne Angst vor Störungen den Keller. Zuvor hatten sie den Kellner nach dem Safe gefragt. Als der ihnen sagte, es gebe keinen, suchten sie auf eigene Faust danach, sagte Lokalbesitzer Andreas Gorgi gestern. Er wohnt über seinem Lokal. Er wurde nach dem Überfall wach. Als er in sein Café kam, war die Polizei bereits eingetroffen. Die Täter waren spurlos verschwunden. Dass sie sich die Zeit genommen haben, den Keller zu durchsuchen, ist noch nicht vorgekommen. Bisher stürmten sie ins Lokal, einer gab die Kommandos, ein Komplize leerte die Kasse, der Dritte sicherte den Eingang und der Vierte bedrohte mit dem Wortführer Gäste und Angestellte.

Es ist auch das erste Mal, dass nicht eine Altberliner Kneipe das Ziel der Täter war. Gorgi bezeichnete sein Lokal als „modernes Café“, das ganz und gar nicht den Lokalen entspreche, die zuvor Ziel der Bande gewesen waren. Deshalb schließt die Polizei auch nicht aus, dass es sich um Trittbrettfahrer handelt, die nach einem ähnlichen Muster vorgegangen sind.

Ungewöhnlich ist auch, dass die Räuber Sonnabend früh zuschlugen. In der Vergangenheit hatten sie ihre Überfälle meist wochentags verübt und immer sofort zugeschlagen, wenn ihre Befehle nicht augenblicklich befolgt wurden. Zehn Verletzte, Lokalangestellte und Gäste, gehen auf das Konto der Bande.

Von ihr ist nicht viel bekannt: Es sind vier Täter, die sich auf Lokale im Westteil der Stadt konzentrieren. Manfred Schmandra vom Landeskriminalamt (LKA) vermutet daher, dass sie möglicherweise Angst haben, im Ostteil auf Widerstand zu treffen. Die bisherigen 22 Überfälle wurden zwischen 23 Uhr und 1 Uhr verübt. Auch das spricht dagegen, dass der Überfall auf das „Exx“ von derselben Bande verübt wurde, die die vorausgegangenen 22 Taten begangen hat.

Die Serie begann am 5. Oktober am Reichweindamm in Charlottenburg und zog sich von da an durch den Westteil der Stadt. Auffällig ist, dass die Bande offenbar Kneipen im Berliner Süden bevorzugt. Rund die Hälfte der überfallenen Lokale liegt in Steglitz. Die Polizei hat kaum Anhaltspunkte zu den Tätern: Einige Zeugen sprechen von einem dunklen Auto, in dem sie geflohen sind. Auch über ihre Nationalität herrscht Unklarheit. Eine überfallene Wirtin will unter den Masken blonde Haare gesehen haben und vermutet daher, dass es Deutsche sind. Andere dagegen glauben, es handele sich um Ausländer, die aber akzentfrei Deutsch sprechen. Obwohl die Täter mit Schreckschusspistolen drohen, haben sie bisher nicht gezielt geschossen. weso

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