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Das Neutralitätsgesetz in Berlin bleibt. Studentinnen dürfen weiter Kopftuch tragen, Lehrerinnen oder Richterinnen aber nicht.

© Jens Kalaene/dpa

Update

Neutralitätsgesetz in Berlin: Kopftuchverbot für Lehrerinnen bleibt

Berlin wird sein Neutralitätsgesetz nicht ändern. Das Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen bleibt somit bestehen.

Die Prüfung des Berliner Neutralitätsgesetzes dauerte ein gutes halbes Jahr, jetzt kommt Innensenator Frank Henkel (CDU) zu dem Schluss: „Eine Änderung des Berliner Neutralitätsgesetzes halten wird derzeit nicht für zwingend erforderlich. Deshalb sehen wir von einer Gesetzesänderung ab.“ Also bleibt in den Schulen alles beim Alten: Muslimische Lehrerinnen dürfen dort kein Kopftuch tragen. Ebenso wenig wie Polizistinnen im Dienst oder Richterinnen im Gerichtssaal. Der Senat nahm Henkels Entscheidung am Dienstag „zustimmend zur Kenntnis“.

Nordrhein-Westfalen privilegierte christlich-abendländische Werte

Henkels Behörde überprüfte das Gesetz, nachdem das Bundesverfassungsgericht Anfang des Jahres eine Regelung zum Kopftuch im Schulgesetz Nordrhein-Westfalens für verfassungswidrig erklärt hatte. Diese bedeute ausdrücklich eine Privilegierung „christlich-abendländischer“ Werte und Traditionen gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen. In den Augen der Verfassungsrichter verstieß das Gesetz mit seinem pauschalen Kopftuchverbot eindeutig gegen „das Verbot der Benachteiligung aus religiösen Gründen“. Inzwischen ist es vom nordrhein-westfälischen Landtag im August entsprechend den Vorgaben der Verfassungsrichter geändert worden. Im Berliner Gesetz, das unter anderem das Tragen religiöser und weltanschaulicher Symbole im öffentlichen Dienst regelt, wird hingegen keine Religion hervorgehoben.

Henkel hält die Regelung für "in der Praxis bewährt"

Direkt nach dem Karlsruher Urteilsspruch im März erklärte Henkel zu den Berliner gesetzlichen Vorschriften: „Die bisherige Regelung hat sich in der Praxis bewährt und als sehr positiv für das Zusammenleben in einer vielfältigen Metropole wie Berlin erwiesen.“ Beinahe wortgleich äußert er sich nun nach sechs Monaten und einer – wie er sagt – „intensiven Prüfung“. Laut Henkel behandelt das hiesige Gesetz „alle Glaubens- und Weltanschauungsrichtungen unterschiedslos“. Dies unterscheide die Berliner Regelung von der Nordrhein-Westfalens.

In der Unionsfraktion im Abgeordnetenhaus ist die Entscheidung des Senats, in Sachen Kopftuch nichts zu ändern, positiv aufgenommen worden. „Als CDU-Fraktion bekennen wir uns dazu, dass wir religiöses Leben in Berlin fördern wollen“, sagten Fraktionschef Florian Graf und der integrationspolitische Sprecher, Burkard Dregger. „Dennoch ist es richtig, dass der Staat auch nach außen hin sichtbar und erkennbar weltanschaulich und religiös neutral auftritt. Dieses äußert sich eben nicht nur durch Schrift und Bild, sondern auch durch Kleidungs- und Schmuckgegenstände der Bediensteten.“

Bei den Sozialdemokraten ist das Meinungsbild nicht so eindeutig. Sie lassen zurzeit in ihrer Mitgliederumfrage,auch darüber abstimmen, wie mit dem Neutralitätsgesetz verfahren werden soll. Allerdings haben sich wichtige Kreisverbände darauf festgelegt, dass es beibehalten werden soll. Parteichef Jan Stöß erklärte jetzt: „Die Versuche, das bewährte Berliner Neutralitätsgesetz aufzuweichen und scheibchenweise abzuschaffen, sind vorerst gescheitert.“ Er werbe dafür, von den SPD-Mitgliedern „einen klaren Auftrag zu erhalten, den Grundsatz der staatlichen Neutralität im Klassenzimmer, im Gerichtssaal und bei der Polizei auch weiterhin zu verteidigen“. Gegenwind bekommt Stöß vom Arbeitskreis Muslimischer Sozialdemokraten, die sich wie berichtet für die Aufhebung des Kopftuchverbots aussprechen. „Neutralität bedeutet, die Vielfalt unserer Gesellschaft als Normalität zu begreifen und überall zuzulassen und nicht Menschen auszugrenzen und sie mit Berufsverbot zu belegen“, heißt es in einer Erklärung des Arbeitskreises.

Kritik kommt von der Linksfraktion

Kritik kommt auch von Hakan Tas von der Linksfraktion: „Der Senat macht es sich mit seiner Haltung zu einfach.“ Auch das Berliner Gesetz würde einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhalten. Er könne gut verstehen, wenn es jetzt Klagen von Lehrerinnen gäbe, die kein Kopftuch tragen dürfen. Für eine vorsichtige Öffnung des Kopftuchverbots sprach sich Benedikt Lux von den Grünen aus. Man könne durchaus darüber nachdenken, in Einzelfällen ein Kopftuch im Klassenzimmer zuzulassen, vorausgesetzt: „Es stört den Schulfrieden nicht.“ Bei Polizei und im Gericht komme dies jedoch nicht in Frage.

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