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Berlin: Nicht eingelocht

Verkauf des Golfplatz-Geländes an Verein unsicher Parlament will neues Gutachten – und mehr Geld

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Golf- und Land-Club Wannsee kann seine 56,8 Hektar große Anlage im Süden Berlins möglicherweise doch nicht kaufen. Der vom Senat längst gebilligte Preis von 3,6 Millionen Euro wird vom Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses nicht akzeptiert. „Das ist unangemessen niedrig“, sagte die Ausschussvorsitzende Dilek Kolat (SPD) gestern nach der Sitzung. Dieser Meinung sind alle fünf Parlamentsfraktionen.

Die Finanzverwaltung des Senats wird deshalb ein zweites Wertgutachten in Auftrag geben. Die Behörde folgt damit einem SPD-Fraktionsbeschluss, der am Dienstagabend nach kontroverser Diskussion gefasst wurde. „Ein Verkauf ist nicht ausgeschlossen, aber auch ein neuer Pachtvertrag ist denkbar“, sagte der SPD-Fraktionschef Michael Müller. Der 1994 abgeschlossene Erbbauvertrag mit dem Golf-Club läuft allerdings erst 2014 aus. Der jährliche Pachtzins beträgt lediglich 15 Cent pro Quadratmeter.

Die Linksfraktion stellt sogar grundsätzlich infrage, „ob eine solche Fläche in herausragender Lage privatisiert werden sollte“. So formulierte es gestern deren Finanzexperte Carl Wechselberg. Wenn überhaupt verkauft werde, müsse das gesamte Verfahren „über jeden Zweifel erhaben sein“. Das sieht der Grünen-Haushälter Jochen Esser genauso. „Das Land Berlin hat Zeit und kann sich in aller Ruhe in eine günstige Verhandlungsposition bringen.“ Auch in der CDU-Fraktion gibt es maßgebliche Stimmen, die einen neuen Pachtvertrag als vernünftige Alternative zum Verkauf sehen. Dann müsste allerdings, so hieß es, der Pachtzins auf 30 bis 40 Cent pro Quadratmeter erhöht werden.

Der Präsident des Golf-Clubs, Roland Specker, hört das alles nicht gern. „Ich finde schon den bisherigen Kaufpreis von 3,6 Millionen Euro extrem hoch.“ Bisher hätten in Berlin 64 gemeinnützige Sportvereine ihr Grundstück vom Land „zu einem Bruchteil des Verkehrswerts“ kaufen dürfen. Der Tennis-Club Rot-Weiß zum Beispiel für 33 Euro pro Quadratmeter – und das bei einem Bodenrichtwert von 740 Euro. „Wir wollen keine Sonderkonditionen, aber eine Gleichbehandlung.“ Allerdings enthält auch das erste Wertgutachten zum Golfgelände nach internen Informationen schwer nachvollziehbare Preisabschläge. Etwa begründet durch die Nähe zur Mülldeponie Wannsee oder zum Hahn-Meitner-Forschungsreaktor.

Specker macht geltend, dass sein Verein bis 2014 noch zwei Millionen Euro Kredite tilgen muss und weitere zwei Millionen Euro braucht, um dringend nötige Investitionen zu tätigen: „1,7 Millionen Euro für die Sanierung der Grüns und 300 000 Euro für einen neuen Wildschweinzaun“. Die Immobilie als Eigentum wäre für die Bank die beste Sicherheit. Aber auch Specker grübelt jetzt über Alternativen nach. „Einem neuen, nicht indexierten Pachtvertrag über 50 bis 100 Jahre könnten wir uns wohl nicht verschließen.“ Nicht indexiert heißt: ohne Zinsanpassung im Laufe der Jahre. In jedem Fall brauche der Club, der seit 114 Jahren besteht, eine langfristige Planungssicherheit. „Ansonsten geht die Anlage kaputt – und wird wieder, was es früher einmal war, nämlich Wald“, sagte Specker. Ulrich Zawatka-Gerlach

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