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Berlin: Nicht ohne Harald Juhnke

Das Künstlerheim Luise hat einen Anbau mit neuen Zimmern, der zugleich als Schallschutz dient

S-Bahnfreaks können sich ab April in der Luisenstraße 19 den ultimativen Kick holen – in Hotel-Betten. Die stehen im Neubau des Künstlerheims „Luise“ praktisch nur eine Hand breit von den Stadtbahngleisen entfernt, auf denen Tag und Nacht die Nah- und Fernbahnen entlang donnern. Das kann der Gast hinter großen Panoramafenstern zwar sehen, hören oder gar vibrierend spüren aber nicht. Das Gebäude ruht auf einer „weichen“ Lage Spezialschaumstoff und wurde aus Schallschutz-Schwerziegeln errichtet. Kein Laut dringt durch die Fenster – allerdings auch keine Frischluft. Die neuen Zimmer der „Luise“ sind mit Hightech voll-klimatisiert.

Nur das Design ist handgemacht – wie im Altbau wird jedes der neun Zimmer von jeweils einem Künstler gestaltet. Eine „Galerie auf Zeit“ sei das Künstlerheim „Luise“, sagte Torsten Modrow, als er am 1. April 1995 das Haus eröffnete. In dem Baudenkmal von 1825 wohnte um 1858 Leutnant von Clausewitz, später vorübergehend die Familie von Bülow und ab den 1920er Jahren bis 1990 viele Studentengenerationen.

„Fast so schön wie die Sixtinische Kapelle“ – so schwärmte eine Zeitung inzwischen über das Hotel – war die „Luise“ 1995 noch nicht, eher karg-spartanisch. Die ersten Gäste durften nicht verwöhnt sein – Außenklo und Ofenheizung erwartete sie. Und Ohrstöpsel auf den Nachttischen gegen den Bahnlärm hinter dem Haus.

Die Ohrstöpsel hat der als Schallmauer geplante Neubau jetzt überflüssig gemacht. Und das Künstlerheim „Luise“ wurde schon Ende der Neunziger in komfortables Hotel verwandelt. Im Erdgeschoss ist das „Guy“ mit ambitionierter Küche und viel Wein eingezogen und in die Hotelzimmer neue Kunst und mehr Komfort.

Das zellenartige „Reichstagszimmer“ gibt es nicht mehr. 1995 hieß es so, weil man im Spiegel den 200 Meter entfernten Reichstag sah und sonst gar nichts. „Es war eine schöne anarchische Zeit“, sagt der 41-jährige Modrow heute über den Anfang der „Zimmerkunst“, „aber man muss das Ende erkennen, sonst läuft man der Zeit hinterher.“

Dem gelernten Maurer passierte das nicht. Der Schwiegersohn des letzten DDR-Ministerpräsidenten, dessen Namen er „aus Liebe zu meiner Frau“ angenommen hat, hat es mit der „Luise“ bis nach Übersee geschafft. „Von dem Artikel über uns in der New York Times haben wir nichts gewusst, das hat uns erst ein Gast erzählt.“

Künstler wie Elvira Bach, Volker Merz oder Hans van Meeuwen, dessen Skulpturen die Lobby schmücken, haben sich in der Luisenstraße 19 verewigt. Dort kann man jetzt sogar in der „Berliner Gesellschaft“ schlafen – so heißt das Zimmer nach dem Gemälde von Guido Sieber, das drinnen dem Hotelgast in das riesige nostalgische Eisenbett blickt.

Heidemarie Mazuhn

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