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Nicht zum Lachen: Charité setzt Clowns vor die Tür

Jahrelang munterten in der Charité Clowns kranke Kinder auf – der neue Stationschef schmiss sie raus. Nun ist der Streit zum Politikum geworden.

„Lachen ist die beste Medizin“, weiß der Volksmund. Deshalb schleppen Kiki Kokolores und ihre Freunde seit Jahren ihre bunten Koffer zur Clownsprechstunde durch die Gänge der Knochenmarktransplantationsstation (KTM) in der Charité. Viele der Kinder, die dort monatelang isoliert im Zimmer lagen, dankten es ihnen. Seit August ist Schluss damit.

„Die Clowns der ,ClownSprechstunde’ entsprechen nicht den Therapievorstellungen unseres psychosozialen Teams. Wir sehen das anders als mein Vorgänger“, sagt Günther Henze, der neue Direktor der Station, die vor gut einem Jahr mit der Kinderonkologie zusammengelegt wurde. Ausschlaggebend hierfür seien gravierende Auffassungsunterschiede in medizinischen und sozialtherapeutischen Fragen gewesen, erklärt Charité-Sprecherin Claudia Peter. Henze bemängelt bei den Clowns mangelnde Sensibilität und Distanzlosigkeit. Der Direktor beruft sich dabei auf eine Umfrage, die während eines Probelaufs der Clowns vor vier Jahren erhoben worden sei. „Viele Eltern waren mit der Arbeit der Clowns nicht zufrieden“, sagt Henze. Zudem sorge der Verein Kinderleben mit anderen Angeboten für Abwechslung.

„Die Clowns waren immer einfühlsam und beide Angebote sind doch eine willkommene Abwechslung für Kinder, die anders als auf der onkologischen Station abgekapselt in ihrem Zimmer bleiben müssen“, sagt Elternvertreter Matthias Specht. In einer Unterschriftensammlung und mehreren Briefen hätten sie versucht, die neue Klinikleitung umzustimmen – jedoch vergeblich.

„Die Vorwürfe, die den Clowns gemacht werden, sind mir in meiner Zeit nie zu Ohren gekommen“, sagt Gerhard Gaedicke, der pensionierte Vorgänger Henzes. Er hatte das Clown-Angebot auf der Station installiert. Sowohl sein Nachfolger als auch andere Psychologen würden das Clown-Angebot als Spaßtherapie ablehnen, weil die Clowns in ihren Augen nicht genug geschult seien. „Das ist schlichtweg falsch.“ In Deutschland gibt es immer mehr Klinikclowns, auch wenn es keine Beweise für ihre heilende Kraft gibt. Hier treten sie meist ehrenamtlich auf. Auch die „Clownssprechstunde“ finanziert sich durch Spenden. Wie Ärzte sind die Clowns an eine Schweigepflicht gebunden.

„Es bedeutet nicht, dass wir generell gegen Clowns sind, aber wir wollen das Angebot dieser Clowngruppe nicht und generell kein wöchentliches Angebot dieser Art“, sagt die Psychologin Viola Diesselhorst von der kinderonkologischen Station. Der Streit um die Clowns ist inzwischen zum Politikum geworden. Mittes Bezirksbürgermeister Christian Hanke war bereits im Frühjahr dem einstimmigen Antrag der Bezirksverordnetenversammlung gefolgt, die Clowntruppe auf der Station zu halten und hatte eine Anfrage an die Klinikleitung geschickt.

„Bisher haben wir noch keine Antwort erhalten“, sagt Hanke. Die Patientenfürsprecherin Jutta Schauer-Oldenburg, an die sich die Eltern gewendet haben, ist wütend. „Wir sind der Überzeugung, dass hier politische Querelen in der Klinik laufen, die eindeutig auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden. Denn die Kinder auf der Station wissen ja gar nicht, was ihnen seit Februar entgeht.“

Gestern sind die Clowns in die Räumlichkeiten des „Cafe le Soleil“ gezogen, nachdem sie ihren Raum auf der KTM-Station Anfang August verlassen mussten. In die Charité kommen sie immer noch – ihre Clownsprechstunde aber gibt es nun nur noch auf der Kinder-Dialyse-Station.

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