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Berlin: Nie sang Liza lauter

Nach 13 Jahren gibt die Minnelli am Sonntag wieder ein Konzert in Berlin. Davor und danach hat sie aber noch andere Pläne

Wenn es eine Stadt gibt, die mit Liza Minnelli in Verbindung gebracht wird, dann ist es Berlin – obwohl die große Entertainerin nur einen minimalen Bruchteil ihres Lebens in Spree-Athen verbracht hat. Aber die Minnelli und Berlin, beide verweben in der Erinnerung zu einer Geschichte, die es so nie gab. Sie als kesse junge Frau, die jeden Abend im verruchten Kit-Kat-Klub auftritt, in einem von Arbeitslosigkeit und Zügellosigkeit geprägten Berlin der frühen 30er Jahre. Liza Minnelli als Sally Bowles in „Cabaret“ – das war, nein, das ist die Rolle ihres Lebens.

Die 59-jährige Sängerin und Schauspielerin verneigt sich am Sonntag im Friedrichstadtpalast noch einmal vor der Stadt, ihrer Bühnenrolle und dem Publikum. Der letzte Auftritt hier liegt immerhin schon 13 Jahre zurück. Mit Ray Charles und Shirley Bassey teilte sie sich 1993 die Bühne der Deutschlandhalle. Im diesjährigen Solo-Programm singt sie jene Show-Stopper, die sie berühmt gemacht haben: „New York, New York“ oder „Maybe This Time“. Karten sind noch ab 120 Euro aufwärts erhältlich.

Am Montag trat die Minnelli bereits in München auf. Aus den teils euphorischen Kritiken war keine gesundheitliche Einschränkung zu vernehmen. Dabei musste die Grand Dame in den vergangenen zehn Jahren öfter längere Krankenhausaufenthalte einlegen. Sie machte Ende der 90er Jahre eine Entziehungskur, erlitt vor fünf Jahren eine Hirnhautentzündung, fiel sogar kurzzeitig ins Koma, saß anschließend übergewichtig im Rollstuhl, sie erhielt eine künstliche Hüfte und Knie-Schienen. Von 200 Pfund soll sie sich für die Tour auf 100 Pfund heruntergehungert haben.

Wie sie ihre Energie erklärt? Mit ihrem Motto: Never Stop Moving! Das habe sie von ihrem Tanzlehrer Luigi gelernt. Mit ihm trainiert sie jeden Tag zwei Stunden Jazz-Tanz. Er muss es wissen, denn er soll angeblich weit über 80 sein. Und so steppen die beiden Oldtimer wohl eher wie ein Disco-Duo denn wie ein Senioren-Pärchen durch den Tanzsaal.

Bis Mitte nächster Woche wird sie in Berlin bleiben, wird sie die freie Zeit für Spaziergänge verwenden. „Liza liebt die Stadt“, sagt ihr europäischer Agent, Mustafa Metin. Er habe auch einige Restaurants im Auge, die deutsches Essen kochen. In München ging die Minnelli zweimal ins Traditionshaus „Paulaner“, in Berlin erwartet sie ähnlich deftiges Essen. „Eine Diva ist sie aber nicht“, stellt Metin klar. Im Gegensatz zu anderen Künstlern sei sie anspruchslos und brauchte nur eine Grundversorgung in ihrer Garderobe. Dazu gehören: Mineralwasser von Evian, Cranberry Juice sowie heißes Wasser mit Essig und Honig. „Das ist gut für die Stimme“, sagt Metin.

Liza Minnelli kam zum ersten Mal für die Dreharbeiten für „Cabaret“ nach Berlin. Das war 1971. Die Tochter von Filmstar Judy Garland und Regisseur Vincente Minnelli stand im Begriff, ein großer Kino-Star zu werden. Ihre erste Rolle hatte sie 1968, ein Jahr später wurde sie bereits für den Oscar nominiert – und 1972 erhielt sie ihn: für ihre Rolle als Nachtclub-Sängerin Sally Bowles. Die Welt lag der Minnelli endgültig zu Füßen. Und alles wegen Berlin.

Dabei drehte die Crew den Hauptteil der Szenen in München. Erst in den letzten Tagen wagte sich das Team in die geteilte Stadt, fing im „Esplanade“ am Potsdamer Platz Berliner Atmosphäre ein. Der Film schuf ein Denkmal der Stadt, deren politische Stimmung plötzlich bedenklich kippte und dem Nationalsozialismus freie Bahn schuf.

Jahre später besuchte Liza Minnelli die Stadt, als ein anderes unrühmliches Denkmal geradezu überrannt wurde – die Mauer. Noch heute erzählt sie, dass sie drei Stücke davon in ihrem Apartment habe, wie sie 1989 den Ostteil kennen lernte, das Viertel um die Oranienburger Straße, die Orte der so genannten Reichskristallnacht aufsuchte. Es war wie ein Kreis, der sich schloss: Sally Bowles kehrte dahin zurück, wo jene Ereignisse ihren Schatten vorauswarfen, mit denen das Musical „Cabaret“ endete.

Es erscheint nur logisch, dass sie Berlin die Ehre erweist – und umgekehrt. Heute Nachmittag verewigt sie sich um 16 Uhr auf dem „Berliner Pflaster“ am Friedrichstadtpalast – dem Berliner „Walk Of Fame“ – mit einem Handabdruck im Beton. Das Berlin-Finale folgt voraussichtlich am Dienstag- oder Mittwochabend. Dann wird Liza Minnelli als Zuschauerin der aktuellen „Cabaret“-Produktion erwartet. In der Bar jeder Vernunft läuft die Inszenierung seit eineinhalb Jahren mit großem Zuspruch. Mustafa Metin hat den Termin auf seinem Programmplan, Liza Minnelli entscheidet aber erst kurzfristig, ob und wann sie die Aufführung besucht. In der Bar jeder Vernunft sind für beide Abende Plätze in der Ehrenloge reserviert, Champagner und Selters seien bereits kalt gestellt.

Tickettelefon 61 10 13 13

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