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Berlin: Nikolassee ohne Mauer

Umstrittene Lärmschutzwand wird nicht gebaut Anwohner einigen sich mit Bahnvertretern

Die Proteste der Anwohner am S-Bahnhof Nikolassee gegen eine 500 Meter lange und sechs Meter hohe Lärmschutzwand entlang der Bahntrasse haben sich gelohnt: Nach Tagesspiegel-Informationen will die Deutsche Bahn jetzt auf den Bau verzichten. „Die Mauer wird nicht gebaut!“, freut sich Henning Schröder, Sprecher der Bürgerinitiative Nikolassee. Man sei „sehr zufrieden“ mit der Einigung. Erzielt wurde diese bei einem Treffen mit Bahnexperten sowie dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann, und dem CDU-Bundestagsabgeordneten Karl-Georg Wellmann.

Laut Wellmann ließ die Bahn für die seit längerem geplanten Sanierungs- und Neubauarbeiten auf den Trassen der Fern- und S-Bahn ein neues Lärmgutachten erarbeiten. Es belege, dass die Belastung auch ohne Schallschutzwand ausreichend gering gehalten werden könne – unter anderem durch Dämmungen direkt an den Schienen. Zudem sollen die künftigen Gleise nur noch 15 statt 60 Zentimeter höher als die alten liegen, was die Ausbreitung des Schalls verringere. „Diese Lösung ist ein Riesenerfolg und von allen Beteiligten außerordentlich positiv bewertet worden“, sagt Wellmann, der auch „das Vertrauen der Anwohner in die Politik wiederhergestellt“ sieht.

In Bahnkreisen wurde die Einigung grundsätzlich bestätigt. Näheres war von dort aber nicht zu erfahren. Das Eisenbahnbundesamt müsse erst noch zustimmen, hieß es. Dem Vernehmen nach sind die Planer besorgt, dass öffentliche Äußerungen zum jetzigen Zeitpunkt zu Verärgerung in der Aufsichtsbehörde führen und die Lösungsidee torpedieren könnten.

Nach Wellmanns Einschätzung dürften die Bauarbeiten 2011 beginnen. Gleise und Brücken, darunter das Kreuzungsbauwerk der S-Bahn-Linien S1 und S7, sollen erneuert und Kurven begradigt werden. Dabei seien zwei Varianten im Gespräch, sagt der CDU-Politiker. Werde die Strecke gesperrt, könne sie Ende 2012 wieder in Betrieb gehen. Bei einer eingleisigen Streckenführung würden die Arbeiten dagegen bis 2015 dauern.

Eine Lärmschutzwand gab es entlang der alten Trasse nie. Die Bahn sah sich bisher aber zu deren Errichtung gezwungen, da für Neubauten das Bundesimmissionsschutzgesetz gilt. Die Sechs-Meter-Wand wäre auf dem drei bis fünf Meter hohen Bahndamm entstanden, zudem war ein Sockel geplant. Damit hätte das Bauwerk mehr als zehn Meter hoch gewirkt. Neben den Anwohnern befürchtete auch das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf eine Verschandelung des historischen und teils denkmalgeschützten Ortsbilds. Trotz ihres Erfolges wird sich die Bürgerinitiative jetzt aber nicht auflösen – denn sie kämpft auch gegen Autolärm von der Avus. CD

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