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Berlin: No Fashion Week

Andreas Tzortzis

Ich fand die Fashion Week toll. Sollte man auf keinen Fall verändern. Gut, eine Sache vielleicht: Ändert den Namen. Er klingt geschwollen. Er klingt einfach un-berlinerisch. In dieser Ansicht hat mich Karl-Heinz Müller bestätigt, der für seinen Eigensinn berüchtigte Macher der Modemesse Bread & Butter: „Das war keine ’Fashion Week’, sagte er zu mir, „Das war eine Terminüberschneidung.“ „Fashion Week“ lässt einen an Anna Wintour in der ersten Reihe denken, an Karl Lagerfeld, in jedem Arm eine magere Ukrainerin. Ich denke an P. Diddy und Tom Ford, wie sie Champagner auf einer Aftershow-Party schlürfen. Woran ich nicht denke, sind über den Laufsteg schleichende miese Models, die ihren angestrengt gelangweilten Gesichtsausdruck in langen Nächten im Rio oder 103 perfektioniert haben. Ich denke nicht an Desiree Nick, oder die Typen aus „Verliebt in Berlin“ an meinem "Promi"-Tisch. Berlin ist, trotz aller Berlinalen und Brad-Pitt-Beobachtungen, keine glamouröse Stadt. Der Charme von Berlin liegt in der unkontrollierten Energie und der Weigerung, sich anzupassen. Der Charme von Berlin liegt nicht im oberflächlichen Glanz und der falschen Opulenz einer Stadt, die gern London oder New York wäre. „Fashion Week“ ist vielleicht nur ein Name, aber wenn man ihn hört, wird man das Gefühl nicht los, dass Berlin versucht, etwas zu sein, was es nicht ist. Um Missverständnisse auszuschließen: Ich wäre liebend gern dabei, wenn Berlin es auf das Niveau von New York oder Paris schaffen sollte. Aber dafür ist es noch ein wenig zu früh.

Für die International Herald Tribune recherierte Andreas Tzortzis auf der in der vergangenen Woche zu Ende gegangenen „Fashion Week“.

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