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Berlin: Nobelhotels kämpfen um jeden Gast

Weniger Besucher, mehr Betten: Experten warnen vor einem Überangebot an Luxushäusern

Der Kuchen schrumpft, aber die Zahl derjenigen, die ihn sich teilen, wächst schier unaufhörlich: Nach der jüngsten Erhebung des Statistischen Landesamtes sank die Zahl der Berlin-Besucher in den ersten acht Monaten des Jahres gegenüber dem Vorjahr um rund 150 000 auf gut 3,1 Millionen. Hauptgrund ist die „handfeste Krise“, die den Inlandstourismus erschüttert, sagt IHK-Experte Christian Wiesenhüter. Dennoch drängen in Berlin immer noch Dutzende neuer Anbieter auf den knappen Markt: Mehr als 35 neue Hotels sollen bis 2005 eröffnet werden, sagt Hanns Peter Nerger, Geschäftsführer der Gesellschaft Berlin Tourismus Marketing. Ein riskantes Geschäft: „Vor allem im Vier- und Fünf-Sterne- Bereich ist die kritische Größe längst erreicht. Der Markt wächst schneller als das Reiseverkehrsvolumen nachwächst.“

Am härtesten trifft die wachsende Kluft zwischen Angebot und Nachfrage derzeit Top-Hotels wie das Adlon. „Wir haben zehn Prozent weniger Umsatz“, sagt Jean van Daalen, Hotel-Chef und Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes. Gerade die Zahl der Geschäftsreisenden, die das Gros der Kundschaft ausmachen, sei drastisch gesunken. Mittelfristig erwischt die Krise allerdings auch kleinere Häuser, sagt BTM-Chef Nerger und verweist auf die „dynamische Negativschraube“: Um eine erträgliche Auslastung zu erreichen, locken auch namhafte Häuser zunehmend mit Dumpingpreisen – und ziehen so Kunden von billigeren Hotels ab.

Dennoch vermag Berufsoptimist Nerger Luxus-Neubauten wie dem Ritz-Carlton oder dem DomAquarée Positives abzugewinnen: „Diese Investitionen sind Ausdruck des Glaubens an Berlin“, sagt er. Die Unternehmen hätten „offenbar Nischen im Markt entdeckt, die wir nicht gesehen haben“. So sieht es auch Ritz-Carlton-Sprecherin Marion Schumacher: „Wir hätten das nicht gemacht, wenn wir uns nicht Erfolgschancen ausrechneten.“ Andere Experten teilen den Optimismus nicht: Ein Fachmann bezeichnet die Lage als „absolut schwierig“. In Berlin sei kein Platz für weitere Luxusangebote. Auch Adlon-Chef van Daalen erwartet einen „Verdrängungswettbewerb“. In der Vergangenheit scheiterten bereits mehrere Projekte. Weder wurde aus dem Haus Cumberland am Ku’damm das angepeilte „Adlon des Westens“, noch verwandelte sich der frühere Sitz des Finanzsenators an der Nürnberger Straße in ein Luxushotel. Beide Gebäude stehen weitgehend leer.

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