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Berlin: Notfalls rollt der Jet zum Quarantäne-Haus Nach dem schweren Fall einer Lungenentzündung: Wie Berlin gegen Erreger gewappnet ist

Berlin ist für den Ernstfall gerüstet, sagen Seuchen-Experten. Es gibt am Flugplatz Tegel ein Quarantäne-Haus mit Platz für mehrere hundert Flugreisende.

Berlin ist für den Ernstfall gerüstet, sagen Seuchen-Experten. Es gibt am Flugplatz Tegel ein Quarantäne-Haus mit Platz für mehrere hundert Flugreisende. Und die Sonderisolierstation am Virchow-Klinikum „ist jederzeit einsatzbereit“, versichert der Infektionsschutz-Experte beim Gesundheitssenator, Siegurd Peters. Sollten also auch in Tegel oder Schönefeld demnächst Passagiere landen, die sich möglicherweise mit der hoch ansteckenden Lungenentzündung „Sars“ infiziert haben, so würden sie sofort dorthin gebracht – während viele ihrer Mitreisende in Quarantäne kämen.

So reagierten auch die Behörden in Frankfurt (Main), als die Infektionskrankheit dort am Sonnabend erstmals Deutschland erreichte: Wie berichtet, war ein Arzt aus Singapur mit verdächtigen Symptomen auf dem Frankfurter Airport gelandet.

235 weitere Passagiere der „Singapore Airlines“-Maschine wurden vorübergehend in einem Quarantänegebäude auf dem Frankfurter Flugplatz isoliert, weil sie möglicherweise während des Fluges mit dem Mann Kontakt hatten. Am Sonntag durften die meisten dann aber mit der strengen Auflage weiterreisen, an ihrem Ziel noch einige Tage eine „häusliche Quarantäne“ einzuhalten – also Kontakte zu meiden. Unter ihnen sind nach Auskunft der Senatsgesundheitsverwaltung keine Berliner. „Das haben uns die Frankfurter Behörden auf Anfrage bereits am Samstagabend mitgeteilt“, sagte Infektionsschutz-Experte Siegurd Peters dem Tagesspiegel am Sonntag.

Er ist verantwortlich für Berlins Quarantäne-Gebäude – eine große Halle im nördlichen Bereich des Flugplatzes Tegel. Bis zur Nachwendezeit wurde sie vom französischen Militär genutzt, doch nach dessen Abzug unterteilte man die Halle in kleinere Wohnbereiche und schleppte genügend Möbel hinein, damit Menschen dort mehrere Tage verbringen können.

Im Notfall kann eine Linienmaschine direkt vor die Eingangstüre rollen, so dass ihre Passagiere keinen Kontakt zur Außenwelt haben. In der Regel müssten sie danach so lange in Quarantäne bleiben, bis die Inkubationszeit zwischen Ansteckung und möglichem Ausbruch der Krankheit verstrichen ist. Doch bisher wurde Berlins Quarantäne-Haus laut Peters noch nie für mehr als einen Tag benötigt.

Am Flugplatz Schönefeld gab es seit der Wende keinen einzigen derartigen Notfall. Dort ist allerdings kein spezielles Gebäude für Quarantäne-Kandidaten reserviert. „Wir reagieren flexibel“, heißt es bei der Flughafen-Leitung. Werde ein solcher Raum benötigt, gebe es genügend freistehende Häuser auf dem Gelände, „die wir kurzfristig umwidmen können.“

Mehrfach gebraucht wurde hingegen die Sonderisolierstation des Virchow-Klinikums für hochgefährliche, extrem ansteckende Krankheiten – beispielsweise 1994, als ein indischer Reiseleiter sofort nach der Landung mit Verdacht auf Pest eingeliefert wurde. Doch die Furcht erwies sich als unbegründet. Oder im August 1999: Ein 39-jähriger Brandenburger Kameramann lag damals wegen einer vermuteten Ebola-Erkrankung auf Station. Er war aus den Tropen mit hohem Fieber und weiteren Symptomen der tödlichen Virus-Seuche angereist. Nach mehreren Tagen kam dann aus den Labors die Entwarnung: Es handelte sich um einen anderen, weniger gefährlichen Erreger.

Die Seuchenstation im Virchow-Klinikum hat vierzig Betten in Räumen, die sich jeweils besonders abschotten lassen. Und für Extremfälle auch zwei Betten unter Isolierzelten. Die gesamte Station habe ein eigenes Belüftungssystem, erklärt Virchow-Sprecherin Kerstin Ullrich. Luftschleusen und Unterdruck verhinderten, dass sich Erreger außerhalb ausbreiten. Alles, was die Räume verlässt, wird eingeschweißt und desinfiziert – bis zu Fäkalien und Müll. Ärzte und Pfleger tragen Handschuhe, Überziehschuhe und durchsichtige Hauben mit Filtern, damit sie keine Erreger einatmen.

Und auch Sanitäter der Feuerwehr gehören zum Team. Sie üben regelmäßig den Transport von Infektions-Patienten aus Tegel oder Schönefeld zum Virchow-Klinikum. Ihr wichtigstes Hilfsmittel ist dabei der „Transport-Isolator“ – eine Trage mit einem großen durchsichtigen Plastikkasten. In diesen Kasten wird der Flugzeug-Passagier direkt an der Gangway geschoben und anschließend über ein Filtersystem mit Maske beatmet: Damit keine Keime ins Freie dringen.

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