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Notübernachtungen: Ein wenig Wärme für Berlins Obdachlose

Bei Temperaturen unter minus 15 Grad sind die Notübernachtungen voll. Berlins Hilfesystem für Obdachlose deckt aber den Bedarf gut ab.

Wenn man im Winter auf der Straße lebt, schützen nur viele Lagen Kleidung vor der Kälte. Mehrere Hosen, Pullover, Jacken. In einer Nacht wie der zum Dienstag, die mit Temperaturen unter minus 15 Grad die bisher kälteste des Jahres war, bietet aber auch die dickste Vermummung keinen ausreichenden Schutz. Dann muss man rein, ins Warme. Und so war denn auch in den Berliner Notübernachtungen für Obdachlose Hochbetrieb.

Das Berliner Hilfesystem für Menschen ohne festen Wohnsitz ist aber gut ausgebaut. So war die Notübernachtung der Berliner Stadtmission in Mitte zwar mit insgesamt 118 Wärmesuchenden gut gefüllt. Von 60 vorhandenen Betten waren jedoch nur 50 belegt – vielleicht auch, weil der Benutzung eines Bettes eine ärztliche Untersuchung vorausgeht. Manchen Obdachlosen wäre dies unangenehm, sagt Sprecher Thomas Winistädt. Die meisten Gäste hätten sich im sogenannten Nachtcafé der Einrichtung aufgehalten. Hier werden die ganze Nacht über Essen und heiße Getränke ausgegeben. Selbst wenn der Laden aus allen Nähten platzt – „wir weisen keinen Menschen ab,“ sagte Winistädt dem Tagesspiegel. Notfalls bringe man die Leute in andere Einrichtungen.

Auch in der größten Berliner Notübernachtung in der Charlottenburger Franklinstraße waren in der Kältenacht noch elf von 73 Betten frei. „Vielleicht auch, weil wir hier von den Menschen erwarten, dass sie etwas an ihrer Situation ändern“, sagte ein Sprecher. In der Franklinstraße bekommen die Nutzer nicht einfach nur ein Bett und eine warme Mahlzeit. Auch Gespräche mit Sozialarbeitern sind an der Tagesordnung.

10 000 Wohnungslose gibt es nach Angaben der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales in Berlin. Von diesen Menschen leben wiederum geschätzte 2000 bis 4000 dauerhaft auf der Straße. Um zu verhindern, dass Obdachlose im Winter erfrieren, wurde 1989 die Berliner Kältehilfe ins Leben gerufen. Der Bund von 70 Kirchengemeinden, Verbänden und Initiativen betreibt Beratungsstellen, Notübernachtungen, Nachtcafés, Suppenküchen und Tagestreffs.

„Wir decken den Bedarf gut ab“, sagt Marcel Deck vom Berliner Kältehilfetelefon. Im Dezember 2008 habe die Auslastung bei 93 Prozent gelegen. Die jüngste Kälte hätte überraschenderweise keinen besonderen Ansturm auf die Einrichtungen ausgelöst. Marcel Decks täglich ab 19 Uhr unter der Nummer 68 08 11 07 erreichbares Büro koordiniert die Belegung der 25 Berliner Notunterkünfte, in denen insgesamt rund 300 bis 400 Menschen pro Nacht ein Dach über dem Kopf finden. Der Rest suche auf Dachböden, in Treppenhäusern oder bei Bekannten Zuflucht. Hilflose Personen bringt der Kältebus der Stadtmission in Notunterkünfte. Der Bus ist täglich von 21 bis 3 Uhr unter der Nummer 0178/523 58 38 erreichbar.

Wenn die Temperaturen in Winternächten auf unter minus drei Grad sinken, lassen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) traditionell einige ihrer U-Bahnhöfe geöffnet. Auf den Stationen Südstern (U7), Hansaplatz (U9) und Frankfurter Tor (U5) können Wohnungslose sich aufwärmen und übernachten. „Wir stellen aber fest, dass das kaum genutzt wird“, sagt ein Sprecher. Nur insgesamt fünf Personen verbrachten die vergangene Nacht auf den Bahnsteigen. Jan Oberländer

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