zum Hauptinhalt

Berlin: NPD-Demo: Bis zuletzt Verwirrung um Marschroute der Nazis

Marschieren die Neonazis heute durch das einst von Zehntausenden Juden bewohnte Scheunenviertel? Trotz wachsender Unruhe vor dem Aufmarsch mehrerer tausend NPD-Anhänger gegen die Wehrmachts-Ausstellung haben Senat und Polizei auch gestern die Bevölkerung im Unklaren gelassen.

Von Frank Jansen

Marschieren die Neonazis heute durch das einst von Zehntausenden Juden bewohnte Scheunenviertel? Trotz wachsender Unruhe vor dem Aufmarsch mehrerer tausend NPD-Anhänger gegen die Wehrmachts-Ausstellung haben Senat und Polizei auch gestern die Bevölkerung im Unklaren gelassen. Bei den Verlautbarungen war nur herauszuhören, dass eine Verlegung der Demonstration erwogen wird.

"Mir liegt keine Alternativroute vor, doch das heißt nicht, dass es keine gibt", sagte Jörg Nittmann von der Polizeipressestelle. Nach unbestätigten Informationen werden die Neonazis nicht an der Synagoge in der Oranienburger Straße vorbeilaufen, sondern ab 13 Uhr vom Startplatz Bahnhof Friedrichstraße zum Nordbahnhof oder auf Umwegen zum Alexanderplatz geleitet.

Die Jüdische Gemeinde geht weiterhin von einem Nazi-Aufzug durch das Scheunenviertel aus und will, wie berichtet, die Oranienburger Straße blockieren. Mit prominenter Hilfe: Uwe-Karsten Heye, Sprecher der Bundesregierung und Vorsitzender des Vereins "Gesicht zeigen", hat gegenüber dem Tagesspiegel seine Bereitschaft erklärt, sich "als Staatsbürger" auf die Oranienburger Straße zu stellen. Ähnlich äußerte sich Senatssprecher Helmut Lölhöffel. "Ich stehe an der Seite der Jüdischen Gemeinde", sagte Lölhöffel, "der Rechtsextremismus muss aktiv aufgehalten werden."

"Wir sind glücklich, wenn es Anständige gibt, die wirklich aufstehen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Moishe Waks. Eine Verlegung der NPD-Marschroute forderte Paul Spiegel, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Die Israelitische Synagogen-Gemeinde Adass Jisroel schrieb einen Brief an Bundespräsident Rau, Bundestagspräsident Thierse, Bundeskanzler Schröder und den Regierenden Bürgermeister Wowereit. Die Politiker werden zu einer "Schutzwache" vor jüdischen Einrichtungen während der NPD-Demonstration aufgefordert. Eine Antwort habe Adass Jisroel nicht bekommen, sagte eine Sprecherin der Gemeinde.

Wowereit will heute um 13 Uhr mit mehreren Senatsmitgliedern demonstrativ die Wehrmachts-Ausstellung besuchen. "Ich bin wütend und beschämt, wenn ich die widerlichen Bilder der Aufmärsche von Neonazis sehe", sagte Wowereit dem Tagesspiegel und betonte die Notwendigkeit eines baldigen Verbots der NPD. Die PDS und das Bündnis "Europa ohne Rassismus" rufen auch dazu auf, sich um 13 Uhr in der Auguststraße vor der Ausstellung in den Räumen des Vereins "Kunst-Werke" zu versammeln. Grafik: Einrichtungen im Scheunenviertel Linke Gruppen wollen den NPD-Aufzug angreifen. Zu der schon um 10 Uhr 30 am Hackeschen Markt beginnenden Gegendemonstration würden 3000 Teilnehmer aus Berlin und dem Bundesgebiet erwartet, sagte ein Sprecher der "Antifaschistischen Aktion Berlin". Die Polizei ist mit 3500 Beamten im Einsatz. Der NPD wurden weitere Auflagen mitgeteilt: Neonazi-Barde Frank Rennicke darf 13 seiner Lieder nicht vortragen. Das Verwaltungsgerichte bestätigte außerdem das Redeverbot gegen drei Alt-Nazis.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false