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Gedenktafel für die jüdischen Zoo-Aktionäre.

© Thomas Loy

NS-Geschichte: Gedenktafel für jüdische Zoo-Aktionäre enthüllt

Nach Jahrzehnten des Verschweigens stellt sich der Berliner Zoo seiner NS-Geschichte: Am Antilopenhaus wurde eine Gedenktafel für die jüdischen Zoo-Aktionäre enthüllt, die nach 1933 gezwungen waren, ihre Aktien zu verkaufen.

Mehr als 70 Jahre brauchte der Berliner Zoo, um sich seiner NS-Vergangenheit zu stellen. Das Ergebnis ist eine Gedenktafel für die jüdischen Aktionäre, die am Dienstag feierlich enthüllt wurde. In die Diskriminierung und Enteignung Berliner Juden war auch der Zoo "schuldhaft verstrickt", erklärte Zoo-Direktorin Gabriele Thöne. Auf dieses Eingeständnis hatten die Nachfahren jüdischer Aktionären wie der New Yorker Soziologieprofessor Werner Cohn jahrzehntelang vergeblich gewartet.

Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) erinnerte daran, dass ein Zoo-Justiziar noch im Jahr 2000 jede Diskriminierung jüdischer Aktionäre in der NS-Zeit kategorisch geleugnet hatte. Diese "unglaublich dreiste Behauptung" wurde erst durch eine Studie der Historikerin Monika Schmidt widerlegt. Sie beschrieb die "Arisierung" des Zoos nach 1933. Zunächst wurden jüdische Mitglieder aus dem Aufsichtsrat gedrängt, später handelte der Zoo mit den Aktien, die er aus jüdischem Besitz ankaufte. Selbst diese Studie blieb ohne größeren Widerhall.

Die Gedenktafel soll nur ein "erster Schritt" sein, die NS-Verstrickung des Zoos offenzulegen. "Weitere werden folgen", erklärte Hermann Simon, Direktor des Centrums Judaicum. Eine wissenschaftliche Studie soll das Schicksal einzelner Aktionäre klären und auch das systematische Verdrängen dieses Themas nach dem Krieg beleuchten. "Es ist spät, aber nie zu spät", dass sich der Zoo seiner Vergangenheit stellt, erklärte Simon.

Rund ein Drittel der 4000 Aktionäre in den 30er Jahren waren Juden. Auch und gerade ihnen verdankte der Zoo, wie es auf der Gedenktafel heißt, seine gesellschaftliche Rolle in der Stadt. Damals sei der Zoo ein "kultureller und gesellschaftlicher Mittelpunkt" Berlins gewesen. Bis heute konnte diese Bedeutung nicht mehr wiedererlangt werden.

Werner Cohn, 85 Jahre alt, erschien nicht zur Enthüllung der Tafel. Ob er eingeladen war, ließ Direktorin Thöne offen. Sie habe ihm vorab ein Foto der Gedenktafel geschickt. Cohn hatte dem Tagesspiegel im Februar gemailt, es gebe nichts Neues zu dem Thema zu sagen. Er hatte immer argumentiert, die jüdischen Aktionäre müssten für den Verlust ihrer Aktien entschädigt werden. Zuletzt schlug er vor, eine symbolische Zahlung von einer Million Dollar an einen Zoo in Israel zu leisten. Doch Direktorin Thöne lehnt solche Zahlungen ab. Es gehe um eine Geste an die Nachfahren der Aktionäre, nicht um Entschädigung im juristischen Sinne.

André Schmitz kündigte an, 2013 als "Themenjahr" der Erinnerung an die jüdischen Mitbürger Berlins zu widmen. Die Stadt werde zusammen mit Institutionen und gesellschaftlichen Akteuren der "verlorenen Vielfalt" gedenken und bewusst machen, dass Berlin seinen ehemaligen jüdischen Bürgern "viel zu verdanken" hat.

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