zum Hauptinhalt

Berlin: Null Bock auf die Partei der sozialen Kälte

Nach ihrem Wahlergebnis von 9,1 Prozent wollen sich die Berliner Grünen das erzielte Resultat nicht schlecht reden lassen. Respektabel sei es angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen, der Verlust von 0,8 Prozent deshalb "gering", sagte am Montag Landesvorstandssprecher Till Heyer-Stuffer.

Von

Nach ihrem Wahlergebnis von 9,1 Prozent wollen sich die Berliner Grünen das erzielte Resultat nicht schlecht reden lassen. Respektabel sei es angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen, der Verlust von 0,8 Prozent deshalb "gering", sagte am Montag Landesvorstandssprecher Till Heyer-Stuffer. Stimmen habe man wegen des bundespolitischen Grünen-Kurses bei den Friedensbewegten eingebüßt. Die Ergebnisse in Bezirken wie Mitte oder Charlottenburg-Wilmersdorf seien für die Grünen ausgesprochen gut, sagte Fraktionschefin Sibyll Klotz. Keine Spur von Niedergeschlagenheit ist in der Partei zu spüren, doch wie geht es jetzt weiter? Drei Varianten gibt es:

1. Option: Die Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen. Hier hält Klotz eine "Verständigung auf den Politikfeldern" für schwierig. Mit der FDP ein "ökologisches Reformprogramm" voranzubringen, ist für die Politikerin nur schwer vorstellbar. In der Verkehrspolitik gebe es keine Übereinstimmungen, in der Sozialpolitik auch nur wenige Deckungspunkte. Klotz bezeichnete die FDP als "Partei der sozialen Kälte". Außerdem zweifelt Klotz an der Stabilität einer rot-gelb-grünen Regierung. "Wir gehen nur in stabile Koalitionen rein."

Zum Thema Online Spezial: Berlin hat gewählt Wahlergebnisse: Direktmandate, Stimmenanteile und Sitzverteilung Foto-Tour: Bilder vom Wahlabend Für Michael Cramer, den verkehrspolitischen Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, sprechen gleich drei Gründe gegen eine Zusammenarbeit mit der FDP. Zum einen sei die Mehrheit für die Ampel sehr knapp, zum zweiten stünden zwei Vertreter in Rexrodts Mannschaft dem rechten FDP-Spektrum um den ehemaligen Generalbundesanwalt Alexander von Stahl nahe. Und schließlich sei Rexrodts Truppe sehr unerfahren, sagte er dem Tagesspiegel.

Die grüne Abneigung gegenüber den Freien Demokraten ist herzlich. Landesgeschäftsführerin Kirsten Büttner träumt davon, die FDP möglichst klein zu halten, sagte sie auf der Wahlparty am Sonntagabend. Von einer Phantompartei ist die Rede, von der man gar nicht wisse, für welche Inhalte sie stehe. "Bisher hat man von dieser Partei doch vor allem nur Rexrodt gesehen", meint die grüne Umweltpolitikerin Claudia Hämmerling.

2. Option: Die Grünen beteiligen sich an einer rot-roten Koalition von SPD und PDS. Die Partei befindet sich dann in Gefahr, an den Rand gedrückt zu werden, da Rot-Rot alleine schon über eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus verfügt. Die grüne Spitzenkanidatin Sybill Klotz hatte trotz aller sonstigen Zurückhaltung bei der Koalitionsfrage auf der grünen Wahlparty am Sonntagabend erklärt, dass sie, falls sich SPD und PDS auf eine Zusammenarbeit einigten, sie empfehlen werde, in die Opposition zu gehen. Ein jubelndes Parteivolk antwortete ihr. Auch Justizsenator Wolfgang Wieland hatte diese Möglichkeit abgelehnt.

"Wir stehen für eine Alibi-Koalition nicht zur Verfügung", betonte Landessprecherin Regina Michalik noch am Wahlabend. Einen Tag später klingt diese Ablehnung nicht mehr ganz so kategorisch: "Auch das ist nicht ausgeschlossen", sagte die Sprecherin. Es sei Aufgabe der Gremien, darüber zu entscheiden.

3. Option: Die Grünen gehen in die Opposition. "Ich könnte mir das vorstellen", sagt die Umweltpolitikerin Claudia Hämmerling. Es sei durchaus denkbar, dass sich SPD und PDS zusammenfänden. Man müsse den Wählerwillen im Osten respektieren. Eine "knirschende" Ampel würde diesen Willen ignorieren und vielleicht das Auseinanderdriften Berlins befördern.

Ähnlich denkt der Verkehrspolitiker Cramer: "Die PDS hat mit einem Ergebnis von fast 50 Prozent im Osten einen eindeutigen Wählerauftrag." Doch bei Rot-Rot würden die Grünen nicht gebraucht. "Wir sind bereit, eine schlagkräftige Opposition gegenüber Rot-Rot zu bilden." Auch die Ex-Bundesgesundheitsministerin und Berliner Bundestagsabgeordnete Andrea Fischer lehnte eine Beteiligung ihrer Partei an einem rot-roten Bündnis ab. "Dann machen wir lieber Opposition".

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false