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Berlin: Null Hitzestau

Zootiere stecken die heißen Tage lässig weg. Nur das Futter muss frisch sein

Müde blickt der Eisbär in Richtung Besucher. Er steht auf, geht drei Schritte, lässt sich wieder auf den Boden fallen und schließt die Augen. „Unsere Tierpfleger werden im Sommer oft gefragt, wie man die armen Tiere denn in der Hitze halten kann. Aber die leiden kein bisschen. Die sind genauso träge wie immer“, sagt Dr. Rudolf Reinhard, Kurator im Zoologischen Garten. „Die können sich im Wasser abkühlen und sich in die Innenställe zurückziehen, wann sie wollen.“ Nicht die hohen Temperaturen im Sommer machen den Eisbären zu schaffen, sondern vielmehr milde, feuchte Winter, die es am Nordpol nicht gibt.

Auch die Humboldt-Pinguine – sie stammen von der kalten Westküste Südamerikas – beeindruckt der Berliner Sommer wenig. Bei ihren Vettern, den Königs- und Felsenpinguinen, sieht das schon anders aus. „Die halten wir das ganze Jahr über in einem geschlossenen Innengehege“, sagt Reinhard. „Wenn wir die im Freien hätten, würden sie sofort krank.“ Wegen der Keime. Die Luft im Pinguingehege wird deshalb mit riesigen Filtern gesäubert. „Im Sommer ist der Keimgehalt viel höher. Beim Filterwechsel ist man immer geschockt, wie dreckig die sind.“ Neben den Filtern verfügt das Gehege sogar über eine Schneekanone, die regelmäßig einen kleinen weißen Berg erzeugt. Brauchen die das? „Denen ist vollkommen egal, ob da Schnee liegt. Das machen wir nur für die Besucher.“

Überhaupt macht die Hitze weniger den Zootieren zu schaffen als den Zoo-Mitarbeitern. Sie müssen dafür sorgen, dass das Tierfutter stets frisch ist. „Das Futter verdirbt schnell. Unsere Vögel kriegen einen künstlichen Nektar, den wir anrühren. Im Winter hält so eine Portion bis zu zwei Tage. Bei Hitze müssen wir bis zu dreimal täglich neuen Nektar machen“ sagt der Kurator. Auch die Fledermäuse bekommen mehrmals täglich frisches Blut via Schlachthof. Mit kulinarischen Vorlieben hat das nichts zu tun. „Wenn wir denen aus Versehen verdorbenes Blut geben würden, wären sie nach kürzester Zeit tot“, sagt Reinhard.

Weniger dramatisch ist die Situation bei den Pflanzenfressern des Zoologischen Gartens. Da die Bauern wegen der anhaltenden Trockenheit kein frisches Grünfutter liefern können, müssen die Elefanten vorübergehend mit Heu vorlieb nehmen.

Statt Hitzschlag also eitel Sonnenschein bei den Tieren? Nicht ganz. Wer wie der Hirscheber eine zarte Haut hat und für ein Leben unter schattigem Urwaldlaub geschaffen ist, lebt in der prallen Sonne gefährlich. Die Lösung des Problems klingt banal: „Wir reiben sie mit ganz normaler Sonnencreme ein. Das lieben sie!“

Hans Strömsdörfer

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