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Berlin erinnert sich gerne seiner berühmten Frauen. Trotzdem gibt es wesentlich mehr Straßen, die nach Männern benannt sind.

© Mike Wolff

Nummernstraßen in Berlin: Gender-Streit um Straßennamen in Pankow

In Pankow sollten sogenannte Nummernstraßen umbenannt werden - nach berühmten Frauen. Doch die ausgewählten Wege sind dem Frauenbeirat zu unbedeutend.

Von Sandra Dassler

Die Idee war gut. Und sie hätte gleich zwei Missstände auf einmal beseitigt: dass auch im Jahr 2014 noch immer eklatant mehr Straßen nach Männern benannt sind als nach Frauen – und dass es in Berlin die so schnöde daherkommenden Nummernstraßen gibt.

Die stammen meist noch aus alten Zeiten, es kommen aber auch heute noch weitere hinzu. Laut Paragraf 5 des Berliner Straßengesetzes sind alle Wege zu benennen, sobald es im öffentlichen Interesse, besonders im Verkehrsinteresse, erforderlich ist. Dies wird am schnellsten durch Vergabe einer Nummer erreicht, die aber möglichst bald durch einen Namen ersetzt werden soll.

Einige hunderte Nummernstraßen gibt es in Berlin, besonders viele in Pankow. Deshalb waren dort eigentlich auch alle Kommunalpolitiker für den Antrag der SPD-Fraktion „Namen für Nummernstraßen: Frauenviertel jetzt“. Im März 2013 wurde er von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) beschlossen.

Frauenstraßen statt Nummernstraßen

Das Bezirksamt erhielt den Auftrag, ein Viertel zu ermitteln, in dem Straßen überwiegend mit Nummern benannt sind. Um sie durch die Namen berühmter und engagierter Frauen, möglichst natürlich aus Pankow, zu ersetzen, sollte der Pankower Frauenbeirat entsprechende Vorschläge unterbreiten.

Dass die schöne Idee am Mittwochabend in der BVV zunächst einmal ad acta gelegt wurde, liegt keinesfalls daran, dass es nicht genug berühmte Pankowerinnen gäbe. Schon gar nicht herrschten im Bezirk besonders frauenfeindliche Verhältnisse, sagt der zuständige grüne Stadtrat für Stadtentwicklung, Jens-Holger Kirchner. „Der Frauenbeirat selbst hat seine Namensvorschläge zurückgezogen, weil ihm die von uns ausgewählten Straßen zu unbedeutend und unansehnlich sind. Aber das sind eigentlich alle Nummernstraßen.“

Kirchner ist ein wenig sauer, denn immerhin habe sein Amt, sagt er, nicht wenig Arbeit in die Verwirklichung des Auftrags gesteckt. So habe man ein Viertel südöstlich der Blankenburger Chaussee in Karow ausgewählt. Hier liegen die Straßen 42 bis 69 – und 15 davon sollten künftig Frauennamen tragen. „Dass Nummernstraßen keine toll ausgebauten Hauptstraßen sind, wusste man doch vorher“, sagt er – „auch in der BVV und im Frauenbeirat“.

Frauenbeirat findet Straßen zu unbedeutend

Die Geschäftsführerin des Frauenbeirats und Pankows Gleichstellungsbeauftragte Heike Gerstenberger verteidigt die Rücknahme der Namensvorschläge. „Die vorgesehenen Straßen sind klein, ohne Bürgersteige, unbefestigt“, sagt sie. „Das wird den Frauen, die wir ja ehren wollen, nicht gerecht.“ Vorgeschlagen waren unter anderem die Schauspielerin Marianne Wünscher, die Lehrerin Margarete Lasch und die Oberin Anna Maria Tobis.

Allerdings gibt Gerstenberger zu, dass sich der Frauenbeirat erst sehr spät die Straßen angesehen habe. „Wir hätten das vielleicht früher machen sollen, aber schließlich arbeiten alle ehrenamtlich, wir haben es nicht früher geschafft.“

Stadtrat Kirchner vermutet, dass vor allem die massiven Widerstände der Anwohner gegen die Umbenennung ihrer Nummernstraßen zur Rücknahme der Vorschlagsliste führten. Zwei bis drei Dutzend Beschwerden seien beim Bezirksamt eingegangen, sagt er. „Das hat aber nichts mit den vorgeschlagenen Frauennamen zu tun, es geht einzig und allein um die mit der Umbenennung verbundenen Änderungen.“

Aufgegeben hat der Pankower Frauenbeirat sein Vorhaben aber nicht. „Wir hoffen darauf, dass einige Straßen im Wohngebiet, das auf dem Güterbahnhof Pankow entsteht, Namen von Frauen erhalten“, sagt Heike Gerstenberger. Dazu gehört die jüdische Ärztin Martha Wygodzinski, die Anfang des vergangenen Jahrhunderts in Pankow ein Heim für obdachlose ledige Mütter und ihre Neugeborenen einrichtete.

Ein reines Frauennamen-Viertel wie anderswo wird es in Pankow aber vorerst nicht geben. In der Gartenstadt Rudow beispielsweise tragen alle Straßen und Plätze die Namen von Frauen – und das seit 1996.

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