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Berlin: Nur zwei U-Bahn-Linien sollen nach Plan fahren Sparklausur zum Schloss

Züge im 30-Minuten-Takt: BVG rechnet auf den meisten Strecken mit erheblichen Einschränkungen im Berufsverkehr Der Stiftungsrat beschloss die Änderungen am Humboldtforum, um so im Kostenrahmen zu bleiben. Weniger barocke Elemente

Die S-Bahn fährt weiter nur nach einem Notfahrplan – und nun sollen heute auch bei der BVG Fahrten ausfallen. Die unter dem Dach der DBB Tarifunion organisierten Arbeitnehmerorganisationen haben für den heutigen Donnerstag zu einem Warnstreik von Dienstbeginn bis 10 Uhr aufgerufen. Vor allem der Verkehr bei der U-Bahn könnte erheblich eingeschränkt werden, warnte die BVG am Mittwochnachmittag, obwohl sich die Gewerkschaft Verdi, die die meisten Mitglieder hat, an dem Streik nicht beteiligt.

Normal fahren sollen nur noch die Linien U 1 (Warschauer Straße–Uhlandstaße) und U 2 (Pankow–Olympiastadion). Hier will die BVG den Einsatz der nichtstreikenden Fahrer konzentrieren, weil die Fahrgäste bereits durch die Sperrungen der Abschnitte Gleisdreieck–Wittenbergplatz und Olympiastadion–Ruhleben der U 2 gebeutelt sind. Auf den Linien U 6 (Alt-Tegel–Alt-Mariendorf) und U 9 (Osloer Straße–Rathaus Steglitz) soll es einen Zehn-Minuten-Verkehr geben, der aber nicht garantiert werden könne, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Voraussichtlich nur alle 20 bis 30 Minuten werden dagegen die Züge auf den Linien U 3 (Nollendorfplatz–Krumme Lanke), U 5 (Hönow–Alexanderplatz), U 7 (Rathaus Spandau–Rudow) und U 8 (Hermannstraße) am Bahnsteig halten. Gar keinen Verkehr soll es auf der U 4 (Nollendorfplatz–Innsbrucker Platz) und U 55 (Brandenburger Tor–Hauptbahnhof) geben.

Wie sich der Streik im Busverkehr auswirken wird, konnte die BVG am Mittwoch nicht einschätzen. Um den Betrieb lahm zu legen, reicht es jedoch bereits, wenn Streikende die Ausfahrten auf den Betriebshöfen blockieren.

Nicht betroffen sein werde die Straßenbahn, heißt es in dem Streikaufruf. Bei der Tram hat die Tarifunion nach Tagesspiegel-Informationen auch nur wenige Mitglieder. Dem straff organisierten Betrieb werde es gelingen, den streikbedingten Ausfall von wenigen Fahrern zu kompensieren, heißt es bei der BVG.

Zur Tarifunion haben sich die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und die Gewerkschaft Kommunaler Landesdienst (GKL) zusammengeschlossen. Die GDL hat nach Tagesspiegel–Informationen besonders viele Mitglieder im BVG-Tochterunternehmen Berlin Transport, wo die Fahrer häufig Aufgaben bei der U-Bahn übernommen haben. Zahlreiche BVGer waren nach dem wochenlangen Verdi-Streik 2008 zur GDL gewechselt, weil sie mit dem Verhandlungsergebnis am Ende nicht zufrieden waren. Zudem hatte der streikbedingte Erfolg der GDL bei der Bahn AG viele BVG-Mitarbeiter zum Wechsel der Gewerkschaft animiert, so dass die Zahl der Mitglieder inzwischen ausreichen könnte, den Betrieb weitgehend lahm zu legen. In der Vergangenheit waren Aktionen der Tarifgemeinschaft meist ohne große Auswirkungen verpufft.

In den Verhandlungen zum Manteltarif will die Tarifgemeinschaft erreichen, dass Nachtarbeit auf den Zeitraum von 20 Uhr bis 6 Uhr ausgeweitet wird. Außerdem sollen Ansprüche auf Zusatzurlaub für Nachtarbeit am Jahresende nicht verfallen. Bei Dienstteilungen soll eine Schicht maximal zwölf Stunden dauern. Zudem soll die Zeit, die Busfahrer für die Streckenkenntnis brauchen, als Arbeitszeit gelten.

BVG-Personalvorstand Lothar Zweiniger verwies darauf, dass seit Mitte Mai ein erstes Angebot vorliege, Gespräche darüber stünden noch aus. BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta versicherte den Fahrgästen, diese „ungerechtfertigte Belastung“ durch den Streik, für den sie kein Verständnis habe, so erträglich wie möglich zu gestalten.

Um die Baukosten für das Schloss in den Griff zu bekommen, werden die ursprünglichen Pläne abgespeckt. Einen entsprechenden Entschluss hat der mit Regierungsmitgliedern, Bundestagsabgeordneten und Senatsmitgliedern besetzte Stiftungsrat am Mittwochabend getroffen. Dessen Zustimmung zu den Plänen ist ein wichtiger Schritt zur Realisierung des Bauprojektes. In der Streichliste stehen unter anderem: die zweite Zufahrt in das Untergeschoss des Schlosses sowie Parkplätze dort unten, die barocken Figuren auf den Balustraden des Schlüterhofes, die Loggien im Belvedere hinter der Ostfassade des Humboldtforums sowie zusätzliche Räume für die Agora im Keller.

Stiftungsratsvorsitzender Rainer Bomba, Staatssekretär des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, sagte nach der Sitzung: „Ich freue mich sehr über die Empfehlung des Stiftungsrates“. Man werde an dem Zeitplan festhalten, wonach in zwei Jahren der Grundstein gelegt wird und 2014 die Baumaßnahmen im vollen Umfang starten. „Noch vor Ende dieses Jahrzehnts wollen wir der Mitte unserer Hauptstadt ihr Gesicht wiedergeben und das Humboldtforum im Berliner Schloss eröffnen.“

Widerstand gegen die Einsparungen gibt es nicht. Die Nutzer des Gebäudes, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), die Zentral- und Landesbibliothek sowie die Humboldt-Universität hatten vorab ihre Zustimmung zu den Sparmaßnahmen signalisiert. SPK-Präsident Hermann Parzinger sagte auf Anfrage: „Im Raumprogramm der Staatlichen Museen zu Berlin gibt es weder Sparmaßnahmen noch Abstriche in Inhalt und Qualität“.

Auch unter den Ratsmitgliedern besteht Einigkeit darüber, dass nur durch die Einhaltung des Kostenrahmens das Bauvorhaben auch vom Haushaltsausschuss angenommen wird. Das ist die nächste Etappe beim Genehmigungsmarathon durch die Gremien des Bundes, der mit der Einreichung des Bauantrages beim Land Berlin in diesem Jahr enden soll. „Wichtig ist, dass wir die Optionen für die nachträgliche Ergänzung der wichtigen Barockelemente behalten“, sagte Patrick Döring. Der Bundestagsabgeordnete der FDP und Mitglied des Stiftungsrates sieht keine Alternative zu den Sparmaßnahmen, sagt aber: „Wir bekommen dadurch keinen Pappkarton, sondern immer noch ein sehr anspruchsvolles Kulturgebäude.“

Die Baukosten für das Schloss sollen 552 Millionen Euro nicht übersteigen. 440 Millionen Euro trägt der Bund, 32 Millionen das Land Berlin, 80 Millionen Euro sollen durch Spenden hereinkommen. Die Summe von 552 Millionen Euro ist laut Bundestagsbeschluss aber „indexiert“: Sie wird also vom Zeitpunkt des Beschlusses im Jahr 2007 an jährlich an die steigenden Baupreise angepasst. Diese Teuerung ließ die Kosten auf 590 Millionen Euro steigen.

„Für mich ist das keine Überraschung“, sagt Ratsmitglied Dirk Fischer. Der Bundestagsabgeordnete der CDU erklärt die Teuerung etwa mit den gestiegenen Preisen für Stahl sowie den höheren Vergütungen in der Baubranche. Ihm sei es stets wichtig gewesen, dass die „Fortschreibung des Baukostenindex öffentlich kommuniziert wird“. Der Eindruck, hier könnten die Kosten aus dem Ruder laufen, dürfe gar nicht erst entstehen.

Auch der Chef der Stiftung Berliner Schloss Humboldtforum, Manfred Rettig, hatte wiederholt auf die Teuerung hingewiesen. Laut Fischer ist die nächste „sehr wichtige“ Schwelle für das Projekt die Freigabe der Pläne durch den Haushaltsausschuss. „Ich gehe aber nicht davon aus, dass es dort Widerstände gibt“.

Stiftungschef Manfred Rettig auch nicht. Der Mann, der für den damaligen Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU) gegen alle Zweifler den Umzug der Regierung von Bonn nach Berlin umsetzte, hält auch den Schlossbau auf Kurs. Unwägbarkeiten gab es auch hier: Nachdem die Kellermauern des gesprengten Schlosses entdeckt worden waren, musste umgeplant werden – damit Besucher durch die historischen Gemäuer streifen können. Wegen der U-Bahn-Trasse, die unter dem Schloss verläuft, musste die Haustechnik verlegt werden. Auch diese Zusatzkosten wurden durch Einsparungen, etwa am barocken Schmuck wieder hereingeholt.

Durch die Einsparungen werden nicht nur die Kuppel, sondern auch Tore, Fensterumfassungen und Höfe des Schlosses nur schemenhaft die reiche plastische Ausbildung erkennen lassen, die das von Schlüter barock überformte Original hatte. Doch laut Stiftungschef Rettig können alle Bauteile später ergänzt werden.

Kritiker befürchten, dass durch die Streichung der Loggien im Belvedere kaum noch Räume hinter der Ostfassade übrig bleiben, von denen aus der Blick über die Stadt, zur Marienkirche, über das Marx-Engels-Forum hinweg schweifen kann. Es heißt, dort seien Versorgung- und Technikräume untergebracht – Toiletten zum Beispiel. Ralf Schönball

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