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Wasserlage zum Vorzugspreis. Bisher wurden Grundstücke – so wie dieses am Humboldthafen – vom landeseigenen Liegenschaftsfonds zum höchsten Preis angeboten. Künftig soll das Parlament sein Veto einlegen dürfen, und sogar selbst landeseigene Flächen benennen, die etwa aus sozialpolitischen Gründen „unter Höchstpreis“ vergeben werden.

© Thilo Rückeis

Nußbaums Freiheiten beschnitten: Parlament soll Liegenschaftspolitik bestimmen

Ein Gesetzentwurf von SPD und CDU begrenzt die Verfügungsgewalt des Finanzsenators über Landesgrundstücke. Nußbaum kann Grundstücke dann nicht mehr ohne die Mitsprache der Volksvertreter verkaufen. Immer wieder hatte sich an diesen Geschäften Streit entzündet.

In Berlin könnte bald jedes Geschäft mit landeseigenen Grundstücken zum Politikum werden. Denn der Senat muss das Abgeordnetenhaus künftig über geplante Grundstücksgeschäfte informieren – und der Hauptausschuss des Parlaments kann dann binnen eines Monats dessen „besondere politische Bedeutung“ feststellen und sein Veto einlegen. Der Gesetzesentwurf soll bereits am nächsten Donnerstag in das Parlament eingebracht werden.

Der Vorstoß hat es in sich, denn er kollidiert in wichtigen Punkten mit dem Liegenschaftskonzept des Senats, das Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) nach langem Streit vorgelegt hatte. Ungewiss bleibt, ob dessen Vorschläge überhaupt noch die parlamentarischen Hürden nehmen können. Zumal die Fraktionen das Parlament sogar dazu ermächtigen wollen, selbst Grundstücke auszuwählen, die nach anderen als rein fiskalischen Kriterien veräußert werden sollen. Damit beschneiden sie Nußbaums Verfügungsgewalt über Berlins Liegenschaften massiv.

Falls das Gesetz in Kraft tritt, sind die Zeiten vorbei, in denen die Finanzverwaltung Grundstücke ohne Mitsprache der Volksvertreter verkaufen konnte. Immer wieder hatte sich an diesen Geschäften Streit entzündet – sowohl zwischen Bürgern und Politik als auch zwischen den Senatoren Nußbaum und Michael Müller (SPD). Denn Nußbaum strebte in der Regel den höchsten Verkaufspreis an, während Stadtentwicklungssenator Müller landeseigenes Bauland vorrangig für neue Wohnungen nutzen wollte.

Dieses Ziel kann nun auch das Abgeordnetenhaus als Anlass nehmen und damit den Verkauf an den Höchstbietenden verhindern. Das Parlament kann auch beschließen, dass Grundstücke zum Festpreis oder unter Wert verkauft werden, wenn das beste Konzept es rechtfertigt – etwa für den Wohnungsneubau, aber auch wenn es um die Schaffung oder Erhaltung von Kultureinrichtungen oder Arbeitsplätzen geht.

Auch die angekündigte Übernahme von Grundstücken aus dem Vermögen von Landesbetrieben und Anstalten öffentlichen Rechts (z.B. BSR und BVG) soll nun Gesetz werden, allerdings nicht wie ursprünglich geplant entschädigungslos: Das Land erhält ein Vorkaufsrecht, so dass die Firmen diese Areale nicht mehr zum höchsten Preis an den Meistbietenden verkaufen dürfen. Ob Berlin eine Fläche kauft, entscheidet wiederum das Parlament. Die Abgeordneten müssen so nicht länger ohnmächtig zuschauen, dass landeseigenes Bauland an renditeorientierte Investoren verkauft wird, wie es etwa im umkämpften Mediaspree-Areal geschehen ist.

„Wir können nicht ewig mit den Grundstücken Einnahmen erzielen“, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Sein CDU-Kollege Florian Graf sprach von einem „Paradigmenwechsel“ im Sinne von „Gestaltung statt Maximierung von Einnahmen“. Neben der Entscheidung fürs attraktivste Konzept kommt laut Saleh auch der verstärkte Abschluss von Erbbaupachtverträgen statt Verkaufs infrage. Mit Blick auf den bisherigen Widerstand von Nußbaum sagte Saleh: „Ich glaube, dass sich da alle mitgenommen fühlen.“

Der Haushaltsexperte der Grünen, Jochen Esser, lobte den Gesetzesentwurf. Damit das Selbstbefassungsrecht das Parlaments aber nicht ins Leere läuft, müsse in der Landeshaushaltsordnung festgelegt werden, dass das Parlament die „Schlussentscheidung“ bei der Verfügung über landeseigene Flächen behalte – und nicht an den vom Finanzsenator geplanten „Portfolioausschuss“ verliere.

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