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Berlin: O....

Dies ist die Geschichte einer Bar, die es nicht leicht hat. Wenn einem der Name streitig gemacht wird und das gesamte Konzept in Gefahr gerät, fällt das Durchhalten schwer.

Von Frank Jansen

Dies ist die Geschichte einer Bar, die es nicht leicht hat. Wenn einem der Name streitig gemacht wird und das gesamte Konzept in Gefahr gerät, fällt das Durchhalten schwer. Deshalb ist es wohl ein Wunder, dass ein nicht allzu großes Lokal in Wilmersdorf immer noch existiert. Das „O . . . .“ mit exakt vier Pünktchen hieß einst – Moment, riskieren wir jetzt einen juristischen Hammerschlag? Darf ein Gast den einstigen Namen öffentlich nennen, obwohl der Wirt ihn nach einer wuchtigen Attacke aus den USA zurückgezogen hat? Wir machen es einfach: Das „O . . . .“ hieß früher „Oscar“, doch im Frühjahr schleuderte aus dem fernen Hollywood die „Academy of Motion Picture Arts and Science“ einen Blitz auf das Ecklokal. Er schlug ein, als habe Charlton Heston alias Moses noch einmal auf dem Berg Sinai die Urgewalt Gottes erfahren. Die ruhmreiche Academy, die jährlich Kinostars mit ihrem „Oscar“ dekoriert, duldete nicht den Frevel des Wilmersdorfer Winzlings, den heiligen Namen des Filmpreises zu übernehmen. Deshalb nun der Stummelname, selbst der große Spiegel in der Mini-Lounge wurde von „scar“ gereinigt. Immerhin hängen weiter Fotos von Ingrid Bergman, Cary Grant und Marilyn Monroe an den Wänden. So viel Hollywood darf gerade noch sein.

Auch sonst gibt sich das Lokal eher bescheiden. Am Tresen ist nur Platz für vier hochbeinige Stühle, die Lounge beschränkt sich auf ein paar dunkle Ledersessel und -sofas sowie zwei indisch anmutende Tische. Die Karte enthält knapp 20 Cocktail-Klassiker; drinking man und compañera bestellten einen Singapore Sling und einen Cosmopolitan. Kaum hatte der junge Keeper die Drinks serviert, kam er wieder vorbei und bat: „Reden Sie mit mir.“ Huch! Sitzt das O-Trauma so tief? Vordergründig ging es aber nur um die Drinks. Noch bevor die compañera sich über den Cosmopolitan äußern konnte, gab der Keeper zu, vermutlich sei der Cocktail zu süß geraten. „Viele Frauen wollen es so“, doch er wartete die Antwort nicht ab, eilte und kam mit Limettensaft zurück, der flugs in den Cosmopolitan floss. Die compañera dankte matt. Der drinking man wehrte Fragen nach dem (etwas dünn geratenen) Singapore Sling freundlich ab.

Mensch, Oscar „O“. Berliner sind alles, nur nicht eingeschüchtert. Schon gar nicht auf ewig.

O . . . ., Brandenburgische Straße 22, Wilmersdorf, Tel.: 50 59 63 66, täglich außer montags von 17 Uhr bis etwa Mitternacht

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