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Deine Spuren im Sand. Wo im Sommer die Freiluftfans ihre Cocktails schlürften, haben jetzt die Bankenkritiker ihre Zelte aufgeschlagen.Foto: dpa/Hannibal Hanschke

© dpa

Berlin: Occupy sucht Wasserlage

Protestierer bauten Camp am Bundespressestrand – von der Mieterin geduldet

Berlin - „Wir sind gekommen, um zu bleiben – dauerhaft“, sagt Daniel Mützel. Der Student ist einer der 40 Anhänger der Occupy-Bewegung, die am Mittwochmorgen auf dem Gelände des Bundespressestrands ihre Zelte aufgebaut haben. Mit etwa einem Dutzend Zelten ist es das zweite Occupy-Camp in der Stadt. Ende Oktober hatten die Aktivisten bereits an der Parochialkirche in der Klosterstraße in Mitte ein Zeltlager errichtet. Die banken- und regierungskritische Bewegung hat sich mit ihrer Niederlassung an der Spree einen Platz im Regierungsviertel ausgesucht. Mit Blick auf den Hauptbahnhof, den Bundestag und das Bundespresseamt wollen sie weiter auf ihre Bewegung aufmerksam machen.

„Wir wollten unbedingt einen zentralen Ort für unser Camp, haben mehrmals bei den Behörden um einen legalen Platz gebeten“, erzählt Daniel Mützel, „aber ohne Erfolg“. Nun ergriffen sie die Initiative und baten die Mieterin des Grundstücks und Geschäftsführerin Johanna Ismayr in einem Brief um die Duldung ihres Camps. „Solange wir friedlich bleiben und der Platz nicht verschmutzt wird, dürfen wir unser Camp aufrechterhalten“, sagt Mützel.

Die Polizisten, die vorbeikamen, wurden vom Hausmeister wieder weggeschickt, berichtet einer der Protestteilnehmer. Mit Wasser, Strom, Toiletten und Küche sind die Camper ausgestattet. Außerdem wurde ein fester Versammlungskreis mit Feuerstelle errichtet. Jeder, der will, kann dabei seine Meinung äußern und die Gruppe wiederholt im Chor das Gesagte. Auch auf die sinkenden Temperaturen stellt sich die Gruppe ein: „Mit viel Tee, scharfer Suppe und Wärmflaschen wappnen wir uns gegen die Kälte“, sagt die 41-jährige Elisabeth Mohr. Am 25. Oktober hat sie sich der Bewegung angeschlossen, die sie zuerst skeptisch betrachtete: „Am Anfang dachte ich, da machen irgendwelche Hippies auf Revolution“, sagt Mohr. Doch weil sie „lieber mit Grund meckert“, schaute sie sich eine der täglichen Versammlungen vor dem Bundestag an. „Es hat mich berührt, dass wirklich jeder gehört und ernst genommen wird.“

Auch die 18-jährige Schülerin Lisa Giesike schloss sich an. „Die Politik ist zu abhängig von der Wirtschaft. Es muss mehr Kontrolle geben“, findet Giesike. Mehr Transparenz in der Politik, und dass Entscheidungen, die alle angehen, nicht mehr hinter verschlossenen Türen gefällt werden, wünscht sich auch Florian., 32. Bis Ende des Monats kann das Camp bleiben, dann ist Ismayr nicht mehr Mieterin des Areals. Danach werde entschieden, ob das Camp geräumt wird, sagte ein Polizeisprecher. Carmen Schucker

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