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Berlin: Öffentliche Münzfernsprecher: Comeback der Telefonzelle

Wer ohne Handy unterwegs ist, spürt es am deutlichsten: Öffentliche Telefone findet man in Deutschlands Städten immer seltener. In Berlin reduzierte die Telekom die Zahl der Telefonzellen von 11 400 im Jahr 1991 auf heute 6500.

Wer ohne Handy unterwegs ist, spürt es am deutlichsten: Öffentliche Telefone findet man in Deutschlands Städten immer seltener. In Berlin reduzierte die Telekom die Zahl der Telefonzellen von 11 400 im Jahr 1991 auf heute 6500. Doch aus Tempelhof und Steglitz kommen jetzt gute Nachrichten für Handylose: Die Tele-Ruf Kommunikation GmbH hat dort die ersten sechs privaten Doppelzellen in Betrieb genommen. Ein Kommunikationsdinosaurier kehrt zurück.

Ganz in Blau sind die neuen Münzfernsprecher gehalten. Für zehn Pfennig pro 30 Sekunden kann man ins ganze Bundesgebiet telefonieren. Und das ist nur der Anfang: 100 Doppelzellen sind bis Mitte nächsten Jahres für ganz Berlin geplant. "Wir befinden uns in einer Expansionsphase", sagt Tele-Ruf-Geschäftsführer Stefan Martinstetter. Er gibt zwar zu, dass man im Moment noch Rosinenpickerei betreibe und die Telefonhäuschen nur an gut besuchten, zentralen Punkten aufbaue. Mittelfristig wolle man Stadtbürger aber flächendeckend versorgen. In mehr als zehn Städten ist Tele-Ruf nun schon vertreten. Doch Martinstetter will mehr: "Im Jahr 2001 starten wir in Bonn einen Versuch mit Kommunikationspunkten", sagt er. Dort kann man dann im Internet surfen, E-mails verschicken und per Bildtelefon konferieren.

Private Anbieter haben es leichter als der ehemalige Monopolist. Der muss alle zwei Kilometer ein öffentliches Telefon anbieten. Alles, was darüber liegt, muss sich wirtschaftlich rechnen. In Berlin ist der starke Rückgang bei der Zahl öffentlicher Telefone vor allem auf die Wende zurückzuführen. "In der DDR hatten nur etwa 10 Prozent ein eigenes Telefon", sagt Telekom-Pressesprecher Jürgen Will. Öffentliche Fernsprecher in den Hauseingängen ersetzten da den eigenen Anschluss. Nach der Wende wurden die Ost-Haushalte Stück für Stück angeschlossen, die Haustelefone wurden überflüssig. Daher sei man, so Will, ziemlich schnell bei 8000 öffentlichen Telefonen in der Stadt angekommen. Der Rest fiel dem Kalkulationsstift zum Opfer. Und dem Vandalismus. Muss die Telekom doch mit 350 bis 750 Mark pro Monat für Instandhaltung und Reinigung rechnen. Besonders Münztelefone sind immer wieder Agressionsobjekt. Umso erstaunlicher, dass Tele-Ruf bisher noch kaum Probleme mit seinen Telefonzellen hat: "Das liegt wohl an den stark frequentierten Standorten", meint Martinstetter.

Zwei weitere Zellen sollen in den nächsten Tagen in Steglitz ans Netz gehen. Lichtenberg, Spandau, Wedding und Kreuzberg werden in Kürze folgen, ganze 40 Doppeltelefone sollen bis zum Jahresende installiert werden. Bis zu 100 Mark pro Telefon und Monat verlangen die Bezirksämter von Tele-Ruf. Die Telekom hat es einfacher, sie zahlt knapp zwei Mark pro Zelle.

Der Berliner Verantwortliche der Tele-Ruf, Stefan Ummenhofer, rechnet dann auch mit einem notwendigen Mindestumsatz von 500 Mark pro Telefon, um wirtschaftlich zu arbeiten. Martinstetter glaubt aber, dass öffentliche Telefone gerade für Ausländer oder Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen keinen Festanschluss bekämen, weiter unverzichtbar sind. Auch die zunehmende Handydichte macht ihm keine Sorge. "Viele Leute lassen ihr Handy doch gerne mal zuhause, um nicht immer erreichbar zu sein". Wer dann trotzdem telefonieren will, braucht sie eben immer noch: die gute alte Telefonzelle.

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