zum Hauptinhalt

Öffentlicher Dienst: Gescheitert mangels Kontrolleuren

Berlin ist oft Vorreiter – in der Praxis aber hapert’s

Auch wenn Pankow stellvertretend für Berlin mit seiner "Ekel-Liste" für Gastronomie und Lebensmittelhandel bundesweit zum Vorreiter werden kann – die Stadt selbst muss zurückrudern. Berlin ist zwar mit seinem Vorstoß in aller Munde und wird vielerorts wegen seines Mutes zu unkonventionellen Entscheidungen gerühmt, doch die Ernüchterung folgte schnell. Nicht nur in Pankow, in allen Bezirken gibt es jeweils nur wenige Kontrolleure. Die gut gemeinte Interpretation des Verbraucherinformationsgesetzes, so die Kritik, könnte deswegen allein wegen Personalmangels verpuffen. Eine erste erfolgreiche Klage eines betroffenen Betriebes hat es schon gegeben.

Es wäre nicht das erste Mal, dass die öffentliche Hand zu wenig prüfende Hände hat, auf die Einhaltung der Gesetze zu achten. Der Nichtraucherschutz sollte vom letzten Jahr an in Restaurants und Kneipen gewährleistet sein, Berlin gehörte zu den Vorreitern, und doch war relativ schnell klar, dass die wenigen Kontrolleure in rauchgeschwängerten Kneipen keinen Durchblick hatten. Die Restaurants zeigten sich weitgehend gesetzestreu, aber in vielen Kneipen wurde munter weitergeraucht, in erklärten "Raucherkneipen" sogar mit besonderer Begeisterung. Nun wird das Gesetz, das den Nichtrauchern dient, überarbeitet – auch, weil das Bundesverfassungsgericht Berlins und Baden-Württembergs Nichtraucherschutzgesetz gekippt hat. Das Ergebnis wird ein verwässertes Regelwerk sein, in gut 650 kleinen Gaststätten dürfte auch ganz offiziell weitergeraucht werden. Schon hoffen Gesundheitspolitiker auf eine EU-Verordnung für ein grundsätzliches Rauchverbot an Arbeitsstätten – also auch in Kneipen.

Vorreiter wollte Berlin auch im Klimaschutz sein, mit der Einführung der Umweltzone für Fahrzeuge gehört die Stadt zu den bundesdeutschen Pionieren. Wie auch beim "Knöllchenschreiben" scheint hier die Kontrolle besser zu klappen als beispielsweise bei der Überprüfung des Heizpilzverbots. Auch hier hat sich gezeigt, dass beste Vorsätze nichts helfen, wenn es an bezirksübergreifender Einigung und Kontrollen fehlt. Die Saison für Heizpilze dürfte ohnehin bald vorbei sein. Dann aber beginnt, allen Bemühungen der Behörden zum Trotz, die große Wildgrillerei in den öffentlichen Parks. Die Ämter werden wieder auf die Grillverbote und auf ihre verschärften Kontrollen hinweisen. Und dann dürfte sich wieder zeigen, dass es trotz großen "Personalüberhangs" im öffentlichen Dienst viel zu wenig Personal gegeben hat, um Parks und öffentliches Straßenland zu kontrollieren. Der Rat der Bürgermeister rühmte sich beispielsweise, vorbildhaft den Weg für die Einrichtung eines Umweltstreifendienstes geebnet zu haben. Er sollte mit Geldbußen und anderen Mitteln erfolgreich gegen Hundekot, Müll und Farbschmierereien vorgehen. Das war übrigens schon 1998. C. v. L.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 08.03.2009)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false