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Noch nicht überall freie Fahrt. Aktuell sind noch nicht alle S- und U-Bahnhöfe in Berlin barrierefrei.

© imago/PEMAX

Öffentlicher Nahverkehr in Berlin: U- und S-Bahnhöfe sollen bis 2020 vollständig barrierefrei sein

Der Senat will die Barrierefreiheit in der Hauptstadt vorantreiben. Bei defekten Aufzügen sollen in Zukunft Strafen drohen.

Gefühlt sind sie immer kaputt – die Fahrstühle in Berliner U-Bahnhöfen. Die offiziellen Zahlen im „Qualitätsbericht im Berliner ÖPNV“ sagen jedoch etwas anderes: Die „Verfügbarkeit“ der Aufzüge lag 2016 bei 97,4 Prozent, die Rolltreppen waren zu 96,7 Prozent einsatzbereit. Ein Blick ins Internet bringt wiederum ganz andere – schlechtere – Zahlen zum Vorschein. Die BVG meldete am Donnerstag, dass an 19 der 173 Stationen ein Aufzug defekt war. Das sind elf Prozent.

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Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) kündigte am Donnerstag im Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses an, dass 2019 Strafzahlungen für die BVG vereinbart werden sollen, wenn Aufzüge kaputt sind. „Wir wollen Druck machen“, hieß es aus ihrer Verwaltung.

Grundsätzlich sei man auf einem guten Weg

Im Verkehrsvertrag zwischen BVG und dem Land Berlin ist eine Verfügbarkeit von 95 Prozent vereinbart. Seit 2014 waren es immer zwischen 97 und 98 Prozent, sagte BVG-Sprecherin Petra Nelken. Auch 2018 erreiche man die Quote.

Grundsätzlich sei man auf gutem Wege, Berlin möglichst schnell barrierefrei zu machen, sagte die Verkehrssenatorin. Nur an einzelnen Stellen hake es noch. Ziel sei, bis 2020 das S- und U-Bahn-Netz vollkommen für Menschen mit Handicap zu erschließen, die Straßenbahn bis 2022. Es hakt an diesen Bahnhöfen: Deutsche Oper (U2), Holzhauser Straße, Borsigwerke, Seestraße (alle U6) sowie Möckernbrücke (U1, U3 und U7). Sie werden erst 2021 und 2022 fertig. Gesetzlich vorgeschrieben ist Anfang 2022.

Investiert werden 50 Millionen Euro bei der U-Bahn, zwölf Millionen beim Bus und neun Millionen bei der Straßenbahn. Derzeit sind zwar 94 Prozent der S-Bahn-Stationen, aber nur 72 Prozent der U-Bahnhöfe barrierefrei. Bei der Straßenbahn sind es 56 Prozent der Haltestellen. Ganz schlecht sieht es beim Bus aus: Nur zehn Prozent der Stops seien geeignet für Behinderte, egal ob für Rollstuhlfahrer oder Blinde, so die Verkehrssenatorin. Hier werde der Ausbau noch dauern.

Mehr Toiletten für die Bahnhöfe

Günther sagte, dass noch bis Mitte Februar der einjährige Test mit diversen Varianten einer „sprechenden Haltestelle“ laufe. Dabei lese entweder eine an der Station oder am Fahrzeug installierte Technik oder das Smartphone des Sehbehinderten Informationen wie Abfahrtszeit oder Liniennummer und Richtung vor.

Der CDU-Abgeordnete Danny Freymark kritisierte, dass auf der Straßenbahnlinie M17 immer noch Tatra-Züge eingesetzt werden. Diese sind nur mit mehreren Stufen zu erklimmen.

Die Verkehrssenatorin hat derweil schon den nächsten großen Schritt im Blick: Die Stadt will mehr Bahnhöfe mit Toiletten ausstatten. „Da müssen wir uns vorarbeiten wie bei den Fahrstühlen“, sagte Günther im Ausschuss.

Weitere Debatte im Ausschuss

Zweites großes Thema im Verkehrsausschuss war die Lage bei der Verkehrslenkung Berlin (VLB). Senatorin Regine Günther berichtete, dass „deutlich mehr Personal eingestellt wurde“. Einen neuen Chef hat die in massive öffentliche Kritik geratene VLB aber noch nicht. Bis Ende des Jahres solle ein Nachfolger gefunden werden – dann aber als Abteilungsleiter der Verkehrsverwaltung. Der alte Behördenleiter hatte seinen Job aufgegeben. Bekanntlich wird die VLB als selbstständige Behörde aufgelöst.

Ein externer Gutachter hatte im November 2018 festgestellt, dass die VLB als Behörde „gescheitert“ sei, und eine Angliederung an die Verkehrsverwaltung empfohlen. Von den 58 Empfehlungen des Gutachters seien 17 bereits umgesetzt, bei 27 sei man dabei. Zwölf seien abhängig von mehr Geld im Haushalt, ein Vorschlag sei noch nicht angegangen. Die hausinterne „Soko VLB“ leitet der neue Staatssekretär Ingmar Streese. Der Stapel liegen gebliebener Akten sei abgearbeitet, sagte Günther. Der kommissarische Leiter der VLB, Hans-Jörg Jaehne, berichtete von großen Schwierigkeiten, Personal zu finden.

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